Eigentlich wollte der Zürcher Daniel Juzi (53) diese Woche nach Kabul reisen. Seine Mission: als Pilot des humanitären Hilfswerks Pactec Personen und Hilfsgüter im Land transportieren. Mit dem Vormarsch der Taliban fällt sein Einsatz ins Wasser.
Dafür hat der in Gossau ZH lebende Juzi eine andere heikle Mission übernommen. Seit Freitag leitet er von Glattbrugg ZH aus für Pactec das Krisenmanagement und hat es in der Nacht auf Dienstag geschafft, mit den drei eigenen Flugzeugen 21 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter aus Kabul zu evakuieren.
Anweisungen per Telefon
Die Pactec-Angestellten, die aus Amerika und Europa stammen, hatten sich am Montag im betriebseigenen Hangar am Flughafen Kabul versammelt und auf den richtigen Zeitpunkt gewartet. Juzi bestimmte aus der Gruppe ein kleines Krisenteam, das mit dem Telefon in der Hand und Juzi am Draht mit den Taliban und den Amerikanern verhandelte.
«Wir haben alles daran gesetzt, dass wir unsere Flieger vom ungesicherten zivilen Bereich des Flughafens zur gesicherten Militär-Piste transferieren konnten», berichtet der Zürcher gegenüber Blick. Auf der zivilen Seite war ein Start wegen der vielen Menschen zu gefährlich.
Taliban halfen
Um Mitternacht war es soweit. «Wir haben unsere schlafenden Kolleginnen und Kollegen geweckt und zu den Flugzeugen begleitet.» Dann wurden die Motoren gestartet, um die Maschinen zum Militärbereich zu bringen. Juzi: «Die Taliban haben die vielen Menschen am Flughafen in Bahnen gelenkt und uns den Weg zur Piste freigemacht.»
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Am Dienstag kurz nach Sonnenaufgang konnten die drei Maschinen hintereinander abheben. Nach einem Flug von einer Stunde und zehn Minuten erreichten sie die Grenzstadt Termez in Usbekistan.
«Mir fiel ein schwerer Stein vom Herzen», sagt Juzi zu Blick. Drei Tage stand er unter Hochspannung, schlief täglich nur zwischen eineinhalb und vier Stunden. Er hatte das Chaos am Flughafen über die Telefongespräche mitbekommen. «Ständig hörte ich im Hintergrund Salven von schweren Maschinengewehren. Sie schiessen in die Luft, um die Menschen zu vertreiben. Solcher Stress geht den Leuten massiv an die Substanz.»
Er plant schon die Rückkehr
Juzis Arbeit ist noch lange nicht fertig. Er muss die traumatisierten Mitarbeiter betreuen und ihnen die Weiterreise organisieren. Zudem unterstützt er andere Hilfswerke bei der Evakuierung ihrer Mitarbeiter.
Und bereits bereitet er sich für eine Rückkehr nach Afghanistan vor. «Wir haben noch alle alten Dokumente über Abkommen der alten Zeiten, die wir den Taliban vereinbart hatten, als sie früher an der Macht waren.»
Mit diesen Papieren will Pactec, wenn sich die Lage beruhigt hat, an die neue Regierung gelangen, um sich wieder sicheren Zutritt zum Land zu verschaffen. Juzi: «Die Menschen in Afghanistan sind auf unsere Hilfe angewiesen – jetzt erst recht!»