Nach dem verheerenden Brand im Flüchtlingslager Moria auf Lesbos häufen sich in europäischen Ländern die Forderungen, Migranten aufzunehmen. Allein Deutschland will von den 12’500 Lagerbewohnern, die ihr letztes Hab und Gut verloren haben, rund 1700 aufnehmen. Die Schweiz hat sich zur Aufnahme von 20 Kindern und Jugendlichen bereit erklärt, sie setzt vielmehr auf Hilfe vor Ort.
Das geht einigen Schweizer Städten zu wenig weit. Basel, Bern, Zürich, Luzern, Winterthur ZH, Genf, Lausanne VD und St. Gallen fordern vom Bund, «mehr zu tun». Ganz konkret ist das Hilfsangebot der Stadt Bern, die 20 Migranten direkt aufnehmen will.
Griechenland sperrt
Doch ob solche Aktionen überhaupt durchgeführt werden können, ist fraglich. Denn ausgerechnet das Ankunftsland Griechenland, das ein Interesse an der Ausreise vieler Migranten haben müsste, sperrt sich. Nachdem die griechischen Behörden fünf afghanische Asylbewerber als mutmassliche Brandstifter ausgemacht und verhaftet haben, wollen sie nämlich verhindern, dass es Nachahmungstäter gibt und andere Lager angezündet werden.
Die Griechen halten den deutschen Plan sogar für «gefährlich». Ministerpräsident Kyriakos Mitsotakis (52) sagte: «Es besteht kein Zweifel, dass Moria von einigen hyperaktiven Flüchtlingen und Migranten niedergebrannt wurde, die ihre sofortige Umsiedlung von der Insel erzwingen wollen.»
Man wolle verhindern, dass Migranten sich durch einen Aufruhr Asyl in einem andern Land erzwingen können, ergänzte Migrationsminister Notis Mitarakis (47).
Erneut Männer nach Brand festgenommen
Moria ist nicht das einzige Lager in Griechenland. Auf Kos, Samos, Chios und Leros harren ebenfalls Tausende Flüchtlinge aus. Die griechische Regierung befürchtet, dass auch da verzweifelte oder radikalisierte Bewohner eine Feuersbrunst auslösen könnten.
So kam es auf Samos am Dienstagabend zu einem Brand am Rande des Registriercamps. Das Feuer ist inzwischen gelöscht. Die Polizei und die Feuerwehr haben mehrere Männer in Gewahrsam genommen. Ob es sich ebenfalls um Flüchtlinge handelt, wurde nicht bekannt gegeben. Es werde untersucht, ob sie in eine Brandstiftung verwickelt gewesen seien, hiess es.
Kanzler Kurz warnt
Auf Lesbos werden die Migranten inzwischen mit Flugblättern in sieben Sprachen informiert, dass es keinen anderen Weg für sie gebe, die Insel zu verlassen, als Asyl zu bekommen. Den Asylprozess könne man aber nur im neuen Lager Kara Tepe durchlaufen, das zurzeit aufgebaut werde.
Die Diskussion über die Aufnahme von Migranten sorgt in Europa für grosse Verstimmung. Der österreichische Kanzler Sebastian Kurz (34) etwa will keine Migranten aufnehmen, sondern sich vielmehr um die Integration der bereits Eingereisten kümmern. Kurz: «Eine Situation wie 2015 darf sich keinesfalls wiederholen.»