Der IS ist zurück. Oder war er nie weg? Nach der Terrorattacke in Moskau hat sich die Splittergruppe ISPK – ein Ableger des islamischen Staats – dazu bekannt.
Die Abkürzung steht für «Islamischer Staat in der Provinz Khorasan», eine historische Region in Zentralasien. Die Gruppe führte lange ein Schattendasein neben dem «arabischen» IS. In den letzten Jahren entwickelte sie sich jedoch zum gefährlichsten und schlagkräftigsten Ableger der Terrormiliz.
Die Taliban sind dem ISPK zu lasch
In Afghanistan bekämpft der ISPK die islamistischen Taliban – sie sind ihm zu lasch. Die Khorasan-Terroristen wollen ein globales Kalifat. Sie breiten ihr Netzwerk immer weiter aus, rekrutieren Kämpfer in ex-sowjetischen Staaten in Zentralasien und im Kaukasus. Und werden auch für Europa zur Gefahr.
Laut westlichen Nachrichtendiensten hat der ISPK seit 2022 die Migrationsströme genutzt, um Unterstützer nach Europa zu schleusen. An Heiligabend wollten die Terroristen in Köln, Wien und Madrid zuschlagen. Die Sicherheitsbehörden bekamen in letzter Minute Wind von den Plänen. Sie nahmen Verdächtige fest und räumten den Kölner Dom.
Anschlag auf schwedisches Parlament geplant
Am letzten Dienstag verhaftete die deutsche Bundesanwaltschaft zwei Islamisten bei Gera in Thüringen. Die beiden Männer sollen einen Anschlag mit Schusswaffen auf das schwedische Parlament geplant haben. Laut den Ermittlern erhielten sie Anweisungen vom ISPK.
Der letzte grosse Terroranschlag der Organisation traf den mit Russland verbündeten Iran. Anfang Jahr attackierten zwei Attentäter eine Gedenkveranstaltung für den iranischen General Qassem Soleimani und ermordeten 89 Menschen.
Russland gilt den Dschihadisten als Erzfeind
Laut einem Bericht des Washington Institute, das den ISPK seit Jahren beobachtet, rekrutiert die Gruppe vor allem Kämpfer aus Tadschikistan. Mindestens einer der Attentäter im Iran war Tadschike, und auch die heute in Russland verhafteten mutmasslichen Dschihadisten haben alle eine tadschikische Staatsbürgerschaft. Einer von ihnen ist Schamsiddin F.* (25). Auf Telegram kursiert ein Video, in dem F. zum Anschlag befragt wird. «Was hast du in der Konzerthalle gemacht?», wird er gefragt. «Ich habe auf Menschen geschossen», antwortet der Mann. Warum? «Für Geld. Eine halbe Million Rubel.» Das sind umgerechnet 4872 Franken.
Spätestens seit sich Russland 2015 in den Bürgerkrieg in Syrien einmischte und an der Seite von Diktator Bashar al-Assad den IS bekämpfte, gilt das Land den Dschihadisten als Erzfeind.
Der Anschlag auf die Konzerthalle in Moskau zeigt nun deutlich, dass der Khorasan-Ableger längst über Zentralasien hinausgewachsen ist. Nicolas Stockhammer, Professor an der Donau-Universität Krems, nannte die Gruppe kürzlich einen «Gamechanger» für Europa.
* Name bekannt