Bei einem Angriff auf eine Synagoge in Tunesien sind nach Behördenangaben mindestens vier Menschen getötet worden. Neben zwei Besuchern des jüdischen Gotteshauses seien bei dem Vorfall auf der Insel Djerba auch ein Wachmann und der Angreifer selbst getötet worden, teilte das Innenministerium des nordafrikanischen Landes am späten Dienstagabend mit. Demnach soll der Sicherheitsbeamte zunächst seinen Kollegen umgebracht und dann «willkürlich» vor der Synagoge La Ghriba um sich geschossen haben. Schliesslich sei er dann von Sicherheitskräften getötet worden. Verletzt wurden demnach auch vier weitere Gläubige sowie fünf Wachleute. Zum Ablauf der Tat und den Hintergründen liefen Ermittlungen, hiess es.
Nach Angaben des tunesischen Aussenministeriums handelt es sich bei den getöteten Besuchern der Synagoge um eine 30 Jahre alte Person aus Tunesien sowie eine 42 Jahre alte Person aus Frankreich.
1800 Juden leben in Tunesien
In der Synagoge findet in diesen Tagen das jüdische Fest Lag Baomer statt, zu dem jedes Jahr viele einheimische Gläubige sowie Pilger aus Israel, Frankreich und anderen Ländern anreisen. Israelischen Medienberichten zufolge hielten sich während der Tat rund 1000 Menschen in dem Gotteshaus auf. Während des Fests gelten jedes Jahr besonders strenge Sicherheitsvorkehrungen.
In sozialen Medien verbreitete Videos schienen zu zeigen, wie panische Menschen durch ein Nachbargebäude der Synagoge laufen, während Schüsse zu hören sind. Die mit tunesischen Flaggen geschmückte Karawanserei – ursprünglich eine Herberge für Reisende – ist wie die Synagoge selbst Schauplatz der Feierlichkeiten.
Tunesien unterhält keine diplomatischen Verbindungen zu Israel, lässt dessen Bürger aber im Rahmen organisierter Touren zum Fest ausnahmsweise ins Land. In Tunesien selbst leben nach Angaben der jüdischen Gemeinde nur noch rund 1800 Juden, die meisten davon auf Djerba. Mitte des 20. Jahrhunderts hatte es noch ungefähr 100 000 Juden in Tunesien gegeben.
Schon 2002 gab es einen Anschlag
Lag Baomer ist ein jüdisches Freudenfest. Es unterbricht traditionell die Trauerzeit zwischen dem Pessach-Fest – das der Befreiung der Juden aus der Sklaverei der ägyptischen Pharaonen gedenkt – und dem Erntedankfest Schawuot.
Die bei Touristen beliebte Synagoge La Ghriba auf Djerba mit ihren prachtvoll gestalteten Innenräumen stammt aus dem Jahr 1920. Ihr Grundstein soll aus dem zerstörten Tempel von Jerusalem stammen. 2002 starben bei einem Anschlag der islamistischen Terrororganisation Al-Kaida auf die Synagoge 20 Menschen, darunter 14 deutsche Touristen. (SDA)