Die USA sind das einzige Land der Welt, das die Ukraine aus der blutigen Patsche helfen könnte. Ohne amerikanische Waffen lässt sich Wladimir Putin (71) nicht stoppen.
Sollte Donald Trump (78) am 5. November die Wahlen gewinnen, dürfte Schluss sein mit Raketen und Patronen «made in USA». Die Ukraine stände am Abgrund. Spätestens seit der Wahl des Ukraine-Hardliners J.D. Vance (39) scheint das sicher. Der Senator aus Ohio ist derart anti-ukrainisch, dass er im kriegsgeplagten Land sogar schon einen eigenen Spitznamen hat.
«Vatnik Vance» schimpfen ihn die Ukrainer – in Anspielung auf den russischen Begriff für blinde Anhänger von Putins Propaganda. Ihm dürfte das egal sein. Er hatte bereits Anfang 2022 zu Beginn des Kriegs klargemacht: «Ehrlich gesagt ist es mir egal, was mit der Ukraine passiert.»
Diese drei Kriegsausgänge sind jetzt noch denkbar
Grundsätzlich sind drei Ausgänge des Krieges denkbar: erstens, ein militärischer Sieg der Ukraine. Der scheint nach zweieinhalb Jahren verlustreicher Schlachten und der fehlgeschlagenen Gegenoffensive im vergangenen Sommer inzwischen fast ausgeschlossen – mindestens, solange der Westen seine Waffenlieferungen nicht massiv aufstockt und solange die Ukraine ihr Mobilisierungsproblem nicht in den Griff kriegt.
Zweitens, ein militärischer Sieg der Russen. Auch das scheint trotz mehreren Hunderttausend gefallener russischer Soldaten und der ständigen Nukleardrohungen nicht realistisch. Zuletzt ist es den Russen während mehrerer Monate nicht mehr gelungen, Fortschritte zu erzielen, die über die Eroberung einzelner kleiner Dörfer hinausging.
Drittens – und dieses Szenario ist laut den Wettbüros derzeit das wahrscheinlichste: Verhandlungen mit Russland, die darauf hinauslaufen, dass die Ukraine weite Teile der verlorenen Gebiete an Putin abtreten und zusichern muss, ein neutrales Land (ohne Nato- und EU-Ambitionen) zu bleiben.
Trump gäbe ein schnelles Kriegsende – so ungünstig und bedrohlich das für die Ukraine auch wäre – die Möglichkeit, sich rasch als Friedensstifter und respektierter globaler Anführer zu inszenieren.
J.D. Vance zeigt Europa die kalte Schulter
«Macht, was immer zur Hölle ihr machen wollt», sagte er an die Adresse Russlands. Mehrfach prahlte er damit, den Konflikt binnen 24 Stunden zu lösen. Wie genau das gehen soll, bleibt unklar.
Klar aber ist: Trump ist durchaus willens, das Klein-Klein der Politik seinem Team zu überlassen. Als Präsident beauftragte er einst seinen Schwiegersohn Jared Kushner mit der Lösung des Nahostkonflikts. Durchaus denkbar also, dass er die technischen Details des Ukraine-Krieges als Präsident von seiner Nummer 2 klären lassen würde.
Vance hat als Senator konsequent gegen amerikanische Finanz- und Militärhilfen an die Ukraine gestimmt. Nur weil Putin ein «böser Typ» sei, heisse das nicht, dass die USA ihre eigenen nationalen Interessen über Bord werfen müssten, betonte er noch an der Münchner Sicherheitskonferenz in diesem Februar. Amerika könne es sich schlicht nicht leisten, gleichzeitig Krieg im Nahen Osten, Osteuropa und möglicherweise bald auch noch in Ostasien zu führen.
Die amerikanische Unterstützung der Ukraine bezeichnete Vance in einem Podcast des republikanischen Hardliners Steve Bannon kürzlich als «Fetisch». Viel wichtiger werde in naher Zukunft der pazifische Raum, betont Ex-Tech-Investor Vance – natürlich mit Blick auf die Halbleiter-Hochburg Taiwan, Sitz des weltweit bedeutendsten Chip-Herstellers TSMC. Europa hingegen dürfe nicht mehr länger «mit der Grosszügigkeit der amerikanischen Steuerzahler» rechnen.
Auftritt Boris Johnson: Wird er Trump bekehren?
In der Ukraine sorgen diese Töne bereits jetzt für grosse Besorgnis. Verteidigungsminister Rustem Umerov (42) betonte zwar diese Woche an einer Sicherheitskonferenz noch, man werde «eine Lösung finden», egal, wer in Washington regiere. Yevhen Semekjin (38), Ukraine-Experte aus dem Donbass, sagt gegenüber Blick allerdings: «Die Menschen hier im Land stellen sich jetzt auf Verhandlungen ein. Wir rechnen damit, dass der Konflikt eingefroren und Russland die eroberten Gebiete behalten wird.» Die Angst vor diesem instabilen Zustand sei in der ganzen Ukraine spürbar.
Eine Hoffnung bleibt der Ukraine. Sowohl Trump als auch Vance sind politische Windfahnen. Trump hat seine Meinung etwa bezüglich des Rechts auf Abtreibung mehrfach komplett geändert. Vance hat Trump einst als möglichen «Hitler Amerikas» bezeichnet, bevor er sich von ihm bekehren liess.
Durchaus denkbar also, dass sich die beiden auch bezüglich Ukraine noch umentscheiden. Ein Indiz dafür gibt es bereits: Boris Johnson (60), britischer Ex-Premier und lautester Verfechter einer freien Ukraine im Westen, hat Donald Trump gestern in Milwaukee besucht. Es soll ein konstruktives Treffen gewesen sein.