Aus den Lautsprechern dröhnt «America First» des Country-Sängers Merle Haggard (1937-2016). Der republikanische Vizekandidat J. D. Vance (39) betritt den Saal, die Menschen stehen auf, klatschen, tanzen, jubeln. «J. D. ist die Zukunft unserer Partei», ruft eine republikanische Delegierte aus Arizona.
Um die Zukunft ging es am zweiten Abend des republikanischen Parteikongresses in Milwaukee. Er geriet zum Schaulaufen für das Jahr 2028, wenn Donald Trump (78) nicht mehr für das Weisse Haus kandidieren darf.
Ein Witz über den schwierigen Nachnamen
Vance nahm auf der Ehrentribüne Platz – und schwieg. Der Senator aus Ohio könnte der künftige Kopf der Partei werden. Oder doch eher einer von Trumps Herausforderer in den Vorwahlen? Drei von ihnen betraten die Bühne, während Trump das Spektakel schweigend von der Tribüne aus beobachtete.
Der Unternehmer Vivek Ramaswamy (38) begann seine unterhaltsame und pointierte Rede mit einem Witz. «Vor einem Jahr war ich Präsidentschaftskandidat, und als Kandidat habe ich das Unmögliche geschafft: Ihr könnt alle meinen Namen aussprechen».
Er sprach sich für sichere Grenzen und die Abschiebung illegaler Einwanderer aus. «Als Kind legaler Einwanderer glaube ich, dass der erste Schritt in diesem Land nicht sein darf, das Gesetz zu brechen.» Ramaswamy gab zu, dass die USA ein gespaltenes Land seien – und bot ein Rezept an, wie man es vereinen könne: «Mit Erfolg und Exzellenz».
Eine versöhnliche Rede von Nikki Haley
Um 20.27 Uhr betrat die ehemalige UN-Botschafterin Nikki Haley die Bühne, Trumps schärfste Gegnerin in den Vorwahlen. Der Applaus blieb verhalten – denn der Streit zwischen Haley und Trump schien noch nicht ausgestanden.
Haley tat, was sie tun musste, um in der Partei bleiben zu können. «Präsident Trump bat mich, hier im Namen der Einheit zu sprechen. Es war eine freundliche Einladung, und ich habe sie gerne angenommen.» Sie hält inne und sagt, was sie sagen muss, als wäre sie mit einem Ölzweig gekommen: «Donald Trump hat meine volle Unterstützung.»
Der Saal johlte, die Regie schnitt auf Trump – der freundlich lachte.
Dann hielt sie eine mutige Rede – und scheute sich nicht, Unterschiede zu betonen. «Man muss nicht zu 100 Prozent mit Donald Trump übereinstimmen, um ihn zu wählen. Ich stimme nicht zu 100 Prozent mit ihm überein. Und ich wähle ihn.»
Schliesslich führte sie ein inhaltliches Argument für Trumps Aussenpolitik ins Feld, die sie als UN-Botschafterin hautnah miterlebt hat. Unter Barack Obama (62) habe Wladimir Putin (71) die Krim besetzt, unter Präsident Joe Biden (81) die gesamte Ukraine angegriffen. «Als Trump Präsident war, hat Putin kein Land besetzt. Ein starker Präsident fängt keinen Krieg an, er verhindert Kriege.»
Haley hielt eine versöhnliche Rede – mit der sie ihre Chance wahrt, 2028 erneut für das höchste Amt im Land zu kandidieren.
Eine hölzerne Rede von Ron DeSantis
Zur besten Sendezeit sprach der Gouverneur von Florida, Ron DeSantis (45). Es wurde deutlich, warum er in den Vorwahlen regelrecht abstürzte. DeSantis sprach hölzern, hielt keine Rede, sondern ratterte eine Einkaufsliste republikanischer Themen herunter. Ein bisschen Reagan, ein bisschen Lincoln, am Ende ein bisschen Trump. Sein Auftritt blieb blutleer.
Von den republikanischen Hoffnungsträgern stachen Haley und Ramaswamy heraus. Und Vance, der nichts sagte, aber neben Trump sitzen durfte.