Abgehörtes Telefonat erklärt, wie die Verteidigungslinien der Russen funktionieren
Bei Fluchtversuch werden Putins Soldaten «von eigenen Leuten erschossen»

Russische Soldaten werden offenbar je nach Status unterschiedlich nahe an der Front eingesetzt. Zuvorderst stehen Sträflinge. Versuchen sie zu türmen, werden sie von Reservisten aus der zweiten Reihe erschossen. Und auf diese sind Waffen aus der dritten Reihe gerichtet.
Publiziert: 17.10.2022 um 00:22 Uhr
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Aktualisiert: 17.10.2022 um 10:31 Uhr
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Mobilisierte Reservisten der russischen Armee.
Foto: DUKAS

Berichte über meuternde russische Krieger, die einen Kampfeinsatz verweigern, häufen sich. Kiew hat inzwischen einen Telegram-Kanal namens «Ich will leben» eingerichtet. Kampfunwillige Russen können sich melden und dann ergeben. Bereits rund 2000 Anfragen sollen eingegangen sein, wie der «Kyiv Independent» berichtet. Doch ganz so einfach ist das Desertieren nicht.

Der Fronteinsatz werde von Russen bereits «Fleischwolf» genannt, wie der Telegram-Kanal schreibt. Denn trotz Zusicherung der russischen Armeeführung, dass auch eingezogene Reservisten einen guten Sold und eine gründliche Kampfausbildung erhalten, sieht die Wahrheit an der Front offenbar ganz anders aus. So gingen unlängst in Soloti unweit der ukrainischen Grenze Reservisten aufeinander los, die derselben Militäreinheit angehörten. Die Männer schossen aufeinander, innert Minuten starben mehr als zwei Dutzend Soldaten. Sie hätten ohne Ausbildung sofort in den Kampf sollen.

Solche Berichte sind zwar nicht von unabhängiger Seite zu überprüfen. Anhand übereinstimmender Berichte zeichnet sich aber ein Schema ab, wie die Russen ihre Verteidigungslinien aufbauen. An vorderster Front – und damit zu den anstürmenden Ukrainern am nächsten – stehen Sträflinge. Fallen diese nicht durch gegnerisches Feuer, ist ihnen der Tod durch eigene Leute sicher, falls sie zu fliehen versuchen.

Reservisten werden mit ukrainischem Song motiviert
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Skurriles Video aus Russland:Reservisten werden mit ukrainischem Song motiviert

Sträflinge an vorderster Front

Die vorderste Frontlinie, das ist Kanonenfutter. Die eigenen Leute in den Reihen dahinter haben Anordnung, Fliehende zu erschiessen. Dies geht aus einem abgefangenen Telefonat hervor. Demnach werden die einzelnen Verteidigungslinien unterschiedlich bemannt – je nach Rang und Verzichtbarkeit.

Zuvorderst an der Front kämpfen Sträflinge, die in den letzten Monaten unter Zusicherung von Straffreiheit und sonstigen Privilegien angeworben wurden. «Dahinter», so ein Reservist in dem abgefangenen Anruf, «stehen wir, die mobilisierten Reservisten.» Erst dahinter stehen die regulären Berufstruppen.

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Laut dem Anrufer bedeutet das: Die Reservisten in der zweiten Reihe haben auch die Pflicht, fliehende Sträflinge aus der ersten Reihe zu erschiessen. Und die Reservisten in der zweiten Reihe werden von der dritten Reihe der Berufssoldaten «bewacht». «Es ist unmöglich, zu fliehen», so der Anrufer. «Wir werden sonst von den eigenen Leuten erschossen.» (kes)

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