16 Jahre Merkel in 7 Punkten
Ihr hörten auch Polit-Machos zu

Sie war der Fels in der Brandung – die Kanzlerin, die Deutschland und auch Europa durch mehrere Krisen führte. Nun tritt Angela Merkel nach 16 Jahren ab. Ein Blick zurück in sieben Kapiteln.
Publiziert: 21.09.2021 um 01:21 Uhr
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Aktualisiert: 21.09.2021 um 09:20 Uhr
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Angela Merkel mit Simonetta Sommaruga (2015): Nur dreimal stattete sie uns einen offiziellen Besuch ab. Ihr ist die Schweiz politisch zu unwichtig.
Foto: Keystone
Guido Felder

In Deutschland geht eine Ära zu Ende. Mit den Wahlen vom kommenden Sonntag verabschieden sich die Deutschen von Angela Merkel (67), die ihr Land 16 Jahre durch Stürme geführt und grossen Einfluss auf Europa genommen hat.

Blick zeigt die Eindrücke, die Merkel hinterlassen hat.

Merkel und die Schweiz

Ihr Verhältnis zum kleinen Nachbarland ist gespalten. Privat liebt sie die Berge, die Stille und die Ruhe, die man ihr auf den Langlaufloipen von Pontresina GR gönnt. Doch auf politischer Ebene herrschte eher frostige Stimmung. Nur dreimal stattete sie einen offiziellen Besuch ab – teilweise missmutig. Ihr ist die Schweiz politisch zu unwichtig.

Merkel und die starken Männer

Putin, Berlusconi, Erdogan: Merkel übte auf autokratisch regierende Staats- und Regierungschef eine beruhigende Wirkung aus. Die Machos achteten sie sowohl als Frau als auch als kompetente, hochintelligente und engagierte Politikerin. Nur einer hatte seine Mühe mit ihr: US-Präsident Donald Trump (75). Im Weissen Haus verweigerte er ihr die Hand, am G7-Gipfel 2018 in Kanada blickte er sie grimmig an. Bilder, die in die Geschichte eingegangen sind.

Merkel und die Flüchtlinge

«Wir schaffen das!» Mit ihrer Willkommenskultur von 2015 wollte Merkel Leid, das ihr Land anderen vor Jahrzehnten zugefügt hatte, wieder gutmachen. Ihre offenen Arme weckten Hoffnung in Millionen von Migranten, die nach Europa strömten, Selfies mit der Kanzlerin machten und ihre Babys nach ihr benannten. Doch: Chaos und ein Erstarken der AfD waren die Folgen. Merkel musste ihren Ton verschärfen.

Merkel und die Mode

Merkels Stil ist nicht sehr kreativ, immerhin wechselt sie immer wieder mal die Farbe ihres Blazers. Modezar Giorgio Armani (87) aber schwärmt: Der Stil strahle ruhige Selbstsicherheit aus und gebe einer Frau die Möglichkeit, auf Augenhöhe mit Anzug tragenden Männern in Wettbewerb zu treten. Einmal sorgte sie für Furore: als sie 2008 mit weit ausgeschnittenem Décolleté an der Eröffnung der Oper in Oslo teilnahm.

Merkel und die Raute

Es gibt kaum ein Bild, auf dem Merkel nicht mit ihrer typischen Handhaltung posiert. Sie hat sich ihr Markenzeichen bewusst zugelegt, um die Hände zu platzieren. Psychologen haben Merkels Raute mehrfach analysiert: Sie verhilft einer Person, sich zu zentrieren und konzentrieren. Offenbar hat Merkel damit andere angesteckt, etwa den türkischen Präsidenten Recep Tayyip Erdogan (67) und den britischen Ex-Premier Gordon Brown (70).

Merkel und die Krisen

Finanzkrise, Eurokrise, Syrien-Krieg, Krim-Annexion, Arabischer Frühling, Flüchtlingskrise, Corona-Pandemie und auch noch der missglückte Abzug aus Afghanistan: Merkel wird als Krisenkanzlerin wider Willen in die Geschichte eingehen. Als Meisterin des Hinauszögerns ist es ihr immer wieder gelungen, heikle Situationen wenigstens zu beruhigen. Visionäre Lösungen hat sie aber nicht gebracht.

Merkel und ihr Vermächtnis

Gigaprojekte wie die Digitalisierung und die geplante Energiewende blieben auf der Strecke. Parteiintern hat sie es verpasst, eine Nachfolge aufzubauen. Jetzt muss die CDU/CSU ums Kanzleramt zittern. Merkels Bilanz besteht darin, dass sie Deutschland 16 Jahre relativ ruhig durch die Zeitgeschichte geführt hat. Ihre Ruhe, Glaubwürdigkeit und Vermittlerrolle trugen zur Stabilität auch von Europa und der ganzen Welt bei.


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