Darum gehts
- Swissmem-Präsident warnt: Ohne Export keine Schweiz mit heutigem Wohlstand
- USA-Politik verunsichert Schweizer Industrie, Firmen bevorzugen Schweizer Standort
- 80 Prozent der Güter der Schweizer Tech-Industrie werden im Ausland verkauft
Düstere Wolken über dem Industrietag in Bern – obwohl über dem Kursaal die Sonne scheint. Doch Swissmem-Präsident Martin Hirzel (55) findet deutliche Worte, als er sich an die rund 1000 Teilnehmenden aus Industrie, Politik und Wissenschaft wendet: «Ohne Export keine leistungsfähigen Spitäler, keine ausgebaute öffentliche Verwaltung, keine Sozialleistungen, keine moderne Infrastruktur und keine Beizen. Diesen Zusammenhang müssen wir immer wieder betonen.»
Hirzels dramatische Botschaft: Ohne Export keine Schweiz, wie wir sie heute kennen – und vor allem nicht mehr mit dem Wohlstand, an den wir uns gewöhnt haben! «Denn unser Land verdient jeden zweiten Franken im Export», unterstreicht Hirzel seine Worte mit Fakten. Ein tragender Pfeiler der Exportnation Schweiz: die Tech-Industrie, die 80 Prozent ihrer Güter im Ausland verkauft.
Alles viel schneller
Doch gerade dieser Verkauf harze, so Hirzel: «Die neue Welt ist von Unsicherheit geprägt. Das hinterlässt deutliche Spuren in den Auftragsbüchern unserer Unternehmen.» Das Neue in der Welt ist Donald Trump (78) mit seiner erratischen Zoll- und Wirtschaftspolitik. Obwohl der Name des US-Präsidenten in Hirzels Rede kein einziges Mal fällt, wissen alle im Saal, wer gemeint ist.
Das Unheil hat sich schon länger angekündigt: «Vor einem Jahr habe ich am Industrietag gesagt, dass wir gegenwärtig Zeugen von grundlegenden Veränderungen sind», erklärt Hirzel. Das Problem: «Nun ist alles viel rascher und radikaler eingetroffen.»
Auch wenn es der US-Präsident gerne hätte – die Schweizer Industrie wird nicht in grossem Stil Arbeitsplätze in die USA verlegen, trotz des angedrohten Zollhammers von bis zu 31 Prozent für Güter aus der Schweiz. Obwohl die USA einen wichtigen und dynamisch wachsenden Markt darstellten, zeige eine Swissmem-Umfrage, dass unsere Firmen wegen der Rechtsunsicherheit nicht in den USA investieren wollten, so Hirzel.
Exportschlager Berufsbildung
Die Schweizer Firmen bevorzugen die Schweiz, weil der wichtigste Produktionsfaktor in den USA fehlt: «Der am meisten genannte Grund für das Bekenntnis zum Werkplatz Schweiz sind die hier verfügbaren qualifizierten Fachkräfte. In den USA gibt es diese nicht.»
Was also bleibt zu tun? Das Schweizer System der dualen Berufsbildung in die USA exportieren, dem Land beim Aufbau der Berufsbildung helfen – das sei ein wichtiger Trumpf in den Verhandlungen, so der Swissmem-Präsident. Das nütze auch den bereits vor Ort tätigen Schweizer Firmen, die ebenfalls Fachkräfte bräuchten.
Neben der Berufsbildung müsse die Schweiz auf Freihandel setzen. Deshalb brauche es mehr Freihandelsabkommen, diese dürfen allerdings nicht aus dem Inland torpediert werden, warnt Hirzel: «Emotionale und aus dem Moment heraus ergriffene Referenden gegen solche Verträge sind falsch. Sie sind vor allem Rückenschüsse für die Arbeitnehmenden in der Exportwirtschaft.»