Darum gehts
- Schweizer Pharmabranche bleibt bisher vom Zollhammer verschont.
- Trump fordert tiefere Medikamentenpreise von Novartis und Roche.
- Pharmaexporte machen rund 50% aller Schweizer Ausfuhren in die USA aus.
39 Prozent Zollhammer für die Schweiz! Nach wie vor herrscht Unklarheit darüber, ob die Schweizer Pharmabranche auch davon betroffen ist. Dabei trägt sie deftig zum hohen Handelsüberschuss bei: Die Exporte der Pharmabranche machen rund die Hälfte aller Schweizer Ausfuhren in die USA aus.
Der Verband Interpharma geht davon aus, dass die verhängten Zölle für die Pharmabranche nicht gelten. «Die Ausnahme für die Pharmabranche wurde nicht aufgehoben», sagt auch Matthias Bopp (50), Leiter Global Trade bei KPMG. Am 7. April schloss Trump mit der Sonderregelung «Annex II» verschiedene Branchen vom Zollhammer aus. Neben der Pharmabranche fallen auch Edelmetalle wie Gold oder verschiedene elektronische Produkte darunter.
Aktuell bezahlen die Schweizer Pharmariesen also nicht mehr Zoll als üblich. Auch von den 10 Prozent Basiszoll, die noch bis zum 7. August gelten, ist die Branche entlastet. Wird die Ausnahmeregelung aufgehoben, schlägt der Zollhammer aber voll zu. «Das wird nicht einfach so passieren. Zusätzliche Zölle müssten durch einen neuen Präsidialakt oder ein neues Gesetz erfolgen», so der Experte.
Trump verschickt Post an Pharmariesen
Doch Novartis und US-Roche-Tochter Genentech haben am Donnerstag Post aus dem Weissen Haus erhalten. US-Präsident Donald Trump (79) fordert darin tiefere Medikamentenpreise – und setzt eine Frist von 60 Tagen.
Der Grund: Die Preise für Markenmedikamente in den Vereinigten Staaten sind angeblich bis zu dreimal höher als in anderen Ländern. Aktuell prüfen die beiden Pharmariesen das Schreiben des Präsidenten, wie beide auf Anfrage von Blick bestätigen. Ob sie die Preise in den USA tatsächlich nach unten schrauben, wird sich zeigen.
Parieren die Firmen nicht, droht Trump mit heftigen Zöllen. Die Rede war gar von Strafzöllen von 200 Prozent. Das sagte Trump an einer Kabinettssitzung Anfang Juli.
«Die Drohung muss man nicht wörtlich nehmen – aber ernst», so Experte Bopp. Schliesslich hat Trump schon in seiner ersten Regentschaft Preissenkungen bei Medikamenten gefordert – zum Teil mit Erfolg. «Trump will erreichen, dass mehr Firmen ihre Produktion in die USA verlagern. Je mehr dies der Fall ist, desto tiefer fällt wohl der definitive Zollsatz aus».
Novartis gab im April bekannt, 23 Milliarden Dollar für den Ausbau seiner US-Werke investieren zu wollen. Auch Roche will die freien Kapazitäten in bestehenden US-Werken erhöhen. Die Basler Firma beschäftigt in den USA 25'000 Angestellte in 13 Produktionsstätten.
Beide Firmen haben im ersten Quartal 2025 zudem deutlich mehr in die USA exportiert: Die Ausfuhren sind um rund einen Viertel auf 20 Milliarden Franken angestiegen. Das deutet darauf hin, dass die Pharmariesen ihre Lager in den USA nochmals aufgestockt haben.
Die Kleinen triffts am schlimmsten
Doch es trifft nicht nur die beiden Riesen: «Vor allem kleinere Pharmaunternehmen würden besonders unter dem Zollhammer leiden», so der Experte weiter. Schlimmer trifft es aber Biotech-Unternehmen, die beispielsweise Spritzen von der Schweiz in die USA liefern. Für sie gilt der Zollhammer von 39 Prozent ab dem 7. August. Für den Experten steht fest: «Wenn die Pharmabranche leidet, hat dies Auswirkungen auf unsere Wirtschaft und den Staatshaushalt.»
Auch Interpharma sieht grosse Schwierigkeiten auf die Branche zukommen: «Der gestrige Entscheid der US-Regierung setzt die weltweite Versorgung mit innovativen Medikamenten aufs Spiel», heisst es in einer Stellungnahme. Die Schweiz müsse sich nun dringend darauf konzentrieren, die eigenen Rahmenbedingungen zu verbessern.
Das KOF rechnet so oder so mit einem Rückgang des BIPs – auch wenn die Pharmabranche nur mit 10 Prozent Zöllen belastet wird. Es ist mindestens ein Rückgang vom 0,3 Prozent zu erwarten. Das würde jeden Schweizer und jede Schweizerin Durchschnitt fast 300 Franken pro Jahr kosten.