Darum gehts
Bei Radiotelevisiun Svizra Rumantscha (RTR) darf man sich freuen: Man hat in der Eishockey-Nati endlich wieder jemanden, mit dem man Interviews auf Rätoromanisch führen kann. Der Letzte war Nati-Direktor Raeto Raffainer gewesen, ehe er 2018 zum HCD wechselte. Doch im Gegensatz zum ehemaligen CEO des SCB und jetzigen IIHF-Council-Mitglied ist Rumantsch bei Fabian Ritzmann (23) die Muttersprache.
Der SCB-Stürmer stammt aus dem malerischen Scuol GR. «Im Unterengadin spricht man noch Romanisch und lernt dann Deutsch als Fremdsprache in der Schule», erzählt er. Rund 60’000 Menschen sprechen eines der fünf Idiome, die unter dem Begriff Rätoromanisch zusammengefasst sind. So gesehen, ist die vierte Landessprache in der Nati derzeit überproportional vertreten. Kann sonst noch jemand in der National League Romanisch? «Ja, Davyd Barandun und Claude-Curdin Paschoud. Doch beide sprechen einen anderen Dialekt als ich. Ich Vallader. Baradun Putèr und Paschoud Surmiran, wenn ich mich nicht irre. Aber wir verstehen uns. Und Rico Gross kann auch Romanisch.»
Mit seiner herzhaften Spielweise hat Ritzmann in den letzten Wochen Werbung in eigener Sache gemacht. Dabei hat er auch in einer Sparte auf sich aufmerksam gemacht, die nicht primär in sein Aufgabengebiet fällt. Er hat gegen Lettland, die Slowakei und Frankreich vier Treffer erzielt. Zwei davon ins leere Tor, was zeigt, dass ihm Nati-Coach Patrick Fischer auch in wichtigen Situationen vertraut.
4 Tore in der WM-Vorbereitung als Bonus
«Es ist nicht meine Aufgabe, Tore zu schiessen», sagt der Angreifer, der beim heimischen CdH Engiadina mit Hockey begann. «Aber wenn es dann doch klappt, ist es umso besser. Wenn ich meine Rolle gut umsetzen kann, kommen diese Tore von alleine.» Ritzmann bringt nicht zuletzt seine Physis und seine Gardemasse (1,92 m/97 kg) ins Spiel und ist wie beim SCB ein Mann für die vierte Energie-Linie.
Mit seiner Fitness verblüffte er beim HC Davos, als er 2020 im Sommertraining erstmals in der 1. Mannschaft dabei war. Athletik-Trainer Steven Lingenhag, der inzwischen auch beim SCB tätig ist, liess die Spieler einen nahrhaften Parcours vom Flüelapass zum Schwarzhorn laufen. Und Junior Ritzmann kam dabei zusammen mit Fabrice Herzog als Erster oben an.
Den Durchbruch schaffte er beim HCD nicht, konnte aber während zwei Saisons bei den Ticino Rockets in der Swiss League Erfahrung sammeln. Ritzmann sieht sich denn auch als «Spätzünder», obwohl er schon früh gross gewachsen war und als 13-Jähriger bei der U20 des CdH Engiadina spielte.
2022 verpflichtete ihn der SCB. Ein überraschender Transfer, der auch nicht kritiklos blieb, weil sich manche in Bern fragten, warum man einen Jungen aus der Fremde holt, wenn man eigene Junioren hat. Die Meinungen dürften sich inzwischen geändert haben. Ritzmann verbesserte sich unter dem fordernden Trainer Jussi Tapola von Jahr zu Jahr und ist jetzt immer noch im Rennen um einen WM-Platz, obwohl er erst im Februar als Nachrücker zu seinem Nati-Debüt gekommen war, weil einige Stürmer absagen mussten. Am Montag wird Fischer bekannt geben, ob Ritzmann der erste Engadiner seit Duri Camichel (†32) 2007 sein wird, der an einer WM spielt.