Als das Gespräch auf den Mann der Stunde kam, scherzte Nati-Coach Patrick Fischer am Mittwoch über Andres Ambühl (41): «Er weiss einfach nicht, dass er nicht spielt.» Und auf die Frage, ob fürs letzte Spiel des Rekordnationalspielers auf Schweizer Eis etwas geplant sei, sagte Nati-Direktor Lars Weibel: «Wir werden sicher noch einen Blumenstrauss finden.»
Es ist dann mehr. Wohl weit mehr als dem Bauernsohn aus dem Sertig, der gerne auf Rummel verzichtet, lieb ist. Er spielt nicht nur, sondern ist auch Captain. Auf den Rängen sind Klatschpappen mit der Aufschrift «Danke Büehli» und einem QR-Code, mit dem man eine Video-Grussbotschaft an den Stürmer hochladen kann, der spätestens nach der WM die Schlittschuhe an den Nagel hängen wird.
Bereits Stunden vor dem Spiel lungern Fans rund um die Klotener Swiss-Arena herum, während Ambühl zusammen mit Leonardo Genoni gemütlich vom nahen Hotel Allegra durch den Wald ins Stadion flaniert.
Während sich einige seiner Teamkollegen mit einem Fussball neben dem Eis aufwärmen, fehlt Ambühl. Er geht aufs Velo und trinkt Kaffee. Das ist sein Aufwärmprogramm. Als die Teams dann fürs Wam-up aufs Eis rennen, ist «Büeli» dann aber einer der Ersten.
Ehefrau und die Töchter auch dabei
Vor der Partie kommen dann Ambühls Frau Leslie und seine zwei Töchter (3 und 5) aufs Eis, wo ein roter Teppich ausgerollt wurde. Es gibt dann doch etwas mehr als Blumen für den Stürmer, der sein 341. Länderspiel bestreitet. Ein Trikot mit der Nummer 10 und eine Flasche Wein, die so gross ist, dass Ambühl Hilfe beim Kredenzen brauchen dürfte. Und auf dem Video-Würfel werden Highlights aus der Nati-Karriere gezeigt.
Auch der schwedische Captain Rasmus Andersson, der Bruder von HCD-Verteidiger Calle, hat noch ein Geschenk für sein Schweizer Pendant übrig.
Von den 6576 Fans gibt es derweil nicht enden wollende Standing Ovations, sodass es nicht erstaunen würde, wenn Ambühl mit Hühnerhaut und wässrigen Augen zu kämpfen hätte. Es sind schöne und rührende Momente, die sich der populäre Bündner verdient hat. Erst die Nationalhymnen geben Ambühl Gelegenheit, etwas durchzuatmen.
Die Nati führt dann bald durch einen Powerplay-Treffer von Tyler Moy. Im Mitteldrittel wenden die NHL-Stars Mika Zibanejad und William Eklund ebenfalls in Überzahl das Blatt.
Ambühl als bester Schweizer ausgezeichnet
Nach der 1:2-Niederlage wird Ambühl, der als bester Schweizer ausgezeichnet wird, noch einmal frenetisch gefeiert. Und er dreht eine Ehrenrunde.
«Die Standing Ovations waren mir schon fast ein wenig peinlich. Es war sehr hübsch und speziell», äussert er sich danach im SRF-Interview. «Ich muss mich bedanken, nicht die Leute bei mir. Sie geben mir so viel. Das schätze ich sehr.»
Bevor man sich in der Schweiz mit der Frage befassen muss, ob Hockey ohne Ambühl noch Sinn macht, dürfte man «Büeli» noch etwas mit der Hockey-Welt teilen müssen. Alles andere als die 20. WM-Teilnahme wäre eine Überraschung.
«Hat sich in gute Position gebracht»
Mit seinen Leistungen hat er Fischer überzeugt. Der Nati-Coach sagte am Mittwoch: «Am Anfang der Saison habe ich gedacht, dass es sehr schwierig werden wird für ihn. Er hatte wenig Eiszeit und wenig Impact bei Davos. Dann in der zweiten Hälfte, nachdem er den Rücktritt bekannt gegeben hat, spielte er wieder. Er hat sehr gute Playoffs gespielt und sich damit auch wieder in eine gute Position gebracht bei uns.» Wie viel Freude und Leidenschaft er aufs Eis bringe, sei unglaublich.
Fischer: «Für einen Coach geht es darum, ob er einem Spieler vertrauen kann. Durch seine Intelligenz und Erfahrung ist er extrem vielfältig einsetzbar. Es ist sehr wertvoll, so einen Spieler zu haben. Logischerweise wäre es eine unglaublich schöne Geschichte für ihn, seine grandiose Karriere, die wahrscheinlich nie mehr ein anderer so hinkriegt, so zu beenden.»