«Jawad T. nahm Tötung der Opfer in Kauf»
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Blick-Reporterin berichtet:«Jawad T. nahm Tötung der Opfer in Kauf»

Pakistani (20) nach Messer-Attacke verurteilt
10 Jahre Haft und Landesverweis

Zwei Sozialpädagoginnen wurden in einem Jugendheim in Brüttisellen ZH brutal attackiert. Der mutmassliche Täter, ein 20-jähriger Pakistani, musste sich am Mittwoch wegen versuchter Tötung vor Gericht verantworten. Und wurde verurteilt
Publiziert: 23.07.2025 um 00:19 Uhr
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Aktualisiert: 23.07.2025 um 22:15 Uhr
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Jawad T. ist wegen versuchter Tötung angeklagt.

Darum gehts

  • Jawad T. attackierte Mitarbeiterinnen im Landheim Brüttisellen mit Messern
  • Zwei Betreuerinnen erlitten schwere Schnittverletzungen im Gesicht
  • Die Staatsanwaltschaft fordert einen Schuldspruch wegen mehrfach versuchter Tötung
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Helena GrafReporterin

Jawad T.* wollte sich sein Handy zurückholen. Die Mitarbeiter des Jugendheims, in dem er wohnte, hatten es eingezogen. Februar, ein kühler Nachmittag. Er nimmt zwei Steak-Messer, macht sich auf den Weg zum Büro der Sozialpädagogin. Er will einfordern, was ihm gehört. Koste es, was es wolle.

So schildert die Zürcher Staatsanwaltschaft die Vorgeschichte zur Tat, die am 12. Februar 2024 im Landheim Brüttisellen passierte. Heute Mittwoch steht der beschuldigte Pakistani Jawad T. (20) in Bülach ZH vor Gericht. Ihm wird versuchte Tötung vorgeworfen.
Von zwei Polizisten begleitet, betritt der Angeklagte den Saal. Kurze Haare, ein trainierter Oberkörper. Eine Paschtu-Dolmetscherin übersetzt.

Angeklagter war süchtig nach Handyspielen

Jawad T. lebt seit 5 Jahren in der Schweiz, in unterschiedlichen Heimen. Er sei süchtig gewesen nach Handyspielen, sagt er. «Ich habe immer gespielt, wenn ich das Telefon bei mir hatte und nur drei bis vier Stunden pro Nacht geschlafen.» Das war auch der Grund für den Handy-Entzug am Tag der Tat. Gegen 16 Uhr stattet Jawad T. also der Sozialpädagogin Eliane F. einen Besuch ab. «Ich wollte mit ihr reden, damit sie mir mein Handy zurückgibt», sagt er vor Gericht. Doch Eliane F. habe sich geweigert. «Wenn man etwas will und ein Nein hört, wird man wütend», erklärt er. «In der Wut ist mir das passiert.»

«Das» – damit meint Jawad T. die brutale Attacke auf die Betreuerin. Eliane F. stürzt zu Boden, der damals 19-Jährige kniet über ihr, fixiert ihre Arme, schneidet ihr ins Gesicht. Eliane F. wehrt sich, schreit. Ihre Kollegin Hanna M.* und der Praktikant Alex K.* eilen herbei. M. stösst den Beschuldigten von der verletzten Sozialpädagogin weg. Sie befreit sich, rennt weg.

Jawad T. wendet sich nun Alex K. zu und bedroht ihn. Laut Anklage ist es noch einmal Hanna M., die ihn wegstösst. Doch diesmal ringt er sie zu Boden. Wie zuvor bei Eliane F. kniet er sich über die Frau, fixiert sie, schneidet ihr ins Gesicht. Vor Gericht gesteht der Beschuldigte die Tat – sagt aber, er könne sich nicht mehr an die Details erinnern. «Das fühlte sich an, als wäre eine Bombe explodiert. Ich habe nicht gemerkt, was ich tue, mich nicht mehr gespürt.»

Gefährlich nah am Hals verletzt

Alex K. kann ihn schliesslich überwältigen, den Angriff stoppen. Zu den Ermittlern sagt er später, Jawad T. habe in die Richtung von Eliane F. geschrien: «Ich töte diese Schlampe.» Dem widerspricht Jawad T. vor Gericht – und betont unermüdlich: «Ich habe sie nicht töten wollen. Ich bin doch nicht verrückt.»

Die Staatsanwaltschaft hält indes in ihrer Anklage fest, der Beschuldigte habe die Frauen gefährlich nahe am Hals verletzt. Er habe lebensbedrohliche Verletzungen in Kauf genommen, diese gar gewollt. Jawad T. beteuert: «Ich bin kein Arzt. Ich habe das nicht gewusst.»

Betreuerinnen «entstellt»

Die beiden Betreuerinnen erleiden schwere Schnittverletzungen im Gesicht: Eliane F. hat eine zehn Zentimeter lange Wunde quer über das Gesicht, Hanna M. eine 16 Zentimeter lange, vom Auge über die Schläfe bis zum Ohr. Die Frauen seien «entstellt», heisst es in der Anklage. Alex K. kommt mit dem Schrecken davon. Die drei Mitarbeiter sind am Prozess nicht anwesend.

Die Staatsanwaltschaft fordert für Jawad T. eine Gefängnisstrafe von 12.5 Jahren wegen mehrfacher, versuchter Tötung, plus einen Landesverweis von 12 Jahren. Jawad T. will auf keinen Fall zurück nach Pakistan. Er sei dort in einem Dorf aufgewachsen, das er nie verlassen durfte, wegen des Krieges in der Region «Ich habe hier gelernt und mir ein Leben aufgebaut», sagt er. «Ich kann nicht zurück in dieses kaputte Leben.» 

Zu 10 Jahren Haft verurteilt

Das Gericht glaubt der Darstellung der Staatsanwaltschaft – und spricht ihn wegen versuchter Tötung schuldig. Der Angeklagte habe den Tod von Eliane F. bewusst in Kauf genommen, erklärt der Richter. Im Fall von Hanna M. gehe man dagegen nicht von Tötungsvorsatz aus. «Sie ging dazwischen und wurde so Opfer», so der Richter. Bei ihr greift entsprechend der Straftatbestand der schweren Körperverletzung.

Jawad T. wird zu 10 Jahren Haft verurteilt und muss die Schweiz für weitere 10 Jahre verlassen. Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig.

* Namen geändert 

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