Darum gehts
- Einbürgerung in der Schweiz: Formen und Verfahren
- Persönliche und suggestive Fragen bei Einbürgerungsgesprächen sorgen für Kontroversen
- Mindestens 10 Jahre Aufenthalt in der Schweiz für ordentliche Einbürgerung erforderlich
Weil ihr Freundeskreis zu klein ist und sie sich zu wenig am gesellschaftlichen Leben beteiligen würden, verweigert die Gemeinde Unteriberg SZ dem niederländischen Ehepaar Ronny van Unen (72) und Saskia Scheltes (66) den Schweizer Pass.
Dass der Einbürgerungsprozess so seine Hürden hat, ist bekannt – immer wieder sorgen die Schicksale einzelner Ausländerinnen und Ausländer für Schlagzeilen. Blick erklärt, welche Voraussetzungen man für den roten Pass erfüllen und worauf man sich beim Einbürgerungsgespräch einstellen musst.
Formen der Einbürgerung
Das Staatssekretariat für Migration (SEM) nennt drei Formen:
1. Ordentliche Einbürgerung: Dazu berechtigt sind ausländische Staatsbürger, die insgesamt mindestens zehn Jahre in der Schweiz gelebt haben, drei davon in den letzten fünf Jahren vor Einreichung des Gesuchs und die eine Niederlassungsbewilligung (Ausweis C) besitzen.
2. Erleichterte Einbürgerung: Wer mit einem Schweizer Staatsbürger oder einer Schweizer Staatsbürgerin verheiratet ist oder zur dritten Ausländergeneration gehört und in der Schweiz geboren wurde.
3. Wiedereinbürgerung: Wenn das Schweizer Bürgerrecht durch Verwirkung, Entlassung oder Verlust verloren wurde, kann der Pass neu beantragt werden.
Verfahren der ordentlichen Einbürgerung
Je nach Kanton und Gemeinde variieren die Verfahren. Ein Muss: ausreichende Sprachkenntnisse in der Landessprache. Auch ein schriftlicher Grundkenntnistest wird in der Regel nötig. Abgefragt wird unter anderem Wissen zur Geschichte, Politik und Geografie der Schweiz und des jeweiligen Kantons. Auch Rechte und Pflichten als Bürger sind Thema. Würdest du ihn bestehen? Hier kannst du den Test machen.
Das Einbürgerungsgespräch soll ergänzend einen persönlichen Einblick in die Lebensumstände der gesuchstellenden Person ermöglichen. Man möchte erfahren, wie die Person sich in die Gemeinde integriert. Dabei geht es zum Teil auch um spezifische Bräuche und Traditionen des Ortes. Neben den persönlichen Lebensumständen überprüft man auch Faktoren wie einen tadellosen Leumund und die finanziellen Verhältnisse.
Kuriose Fragen
Die Lokalzeitung «Freier Schweizer» recherchierte 2023 die Fragen, die in den Gesprächen in den Gemeinden des Kantons Schwyz gestellt werden. Die Zahl der Fragen sowie die Mindestquoten der korrekten Beantwortung variieren je nach Ort. In der Gemeinde Oberiberg stelle man sehr spezifische Fragen. So sollte man zum Beispiel Begriffe wie «Chlefäli» (ein Rhythmusinstrument aus Holz) oder «Oberällmiger» (Mitglieder der Oberallmeindkorporation Schweiz) erklären und «die einheimische Rockgruppe» nennen können.
Die Begründung: So soll ermittelt werden, wie tief die Kenntnisse zur Gemeinde gehen. In der Gemeinde Muotathal fragt man daher «Welche Farbe haben die meisten Kühe im Muotatal?». Die Erwartungshaltungen gehen in den einzelnen Gemeinden und auch in den Kantonen oft deutlich auseinander.
Persönliche und suggestive Fragen
Gegenüber dem «Freien Schweizer» teilte die türkische Kurdin Rubar Ak ihre Erfahrung während ihres Einbürgerungsgesprächs im Hauptort Schwyz. Man befragte sie unter anderem zu ihrem eigenen Beziehungsstatus sowie Ausgangsverhalten. Zudem habe sie fünf Kolleginnen aus dem Ort mit Vor- und Nachnamen aufzählen müssen. Für sie endete der Antrag mit einem Happy End. Die Anzahl der Bekannten reichte in diesem Fall aus – anders als bei Ronny van Unen und Saskia Scheltes.
Auch in der Gemeinde Buchs AG sah sich die Türkin Funda Yilmaz mit persönlichen Fragen konfrontiert. Mehrfach wurde sie befragt, wer zu ihrem Freundeskreis in Buchs zähle. Doch als sie angab, dass ihr Freundeskreis nicht dort liege, musste sie genau erklären, in welchen Orten ihr Kollegenkreis sonst ansässig ist.
Bis ins kleinste Detail
Der Erwartungshorizont ist bei den Fragen sehr präzise. So befragte man Funda Yilmaz auch zur Abfallentsorgung. Den Abfall bringe sie getrennt in das Recyclingparadies in Hunzenschwil, erklärte sie. Doch das war nicht genug: Sie hätte die weiteren Recyclingstationen in Buchs aufzählen und Schlüsselbegriffe wie «Grünabfuhr» oder «Pet-Flaschen» nennen sollen. Ihr Wissen wurde daher als «sehr lückenhaft» bezeichnet.
Auch um ihr Freizeit- und Sportverhalten ging es. Fitnesstraining, Schwimmen in der Badi Buchs, Spazieren oder Ausflüge im Kollegenkreis nannte die junge Frau. Für ihr eigenes Empfinden genug Abwechslung, da ihr Beruf als Bauzeichnerin zusätzlich viel Kreativität biete. Doch dass sie dabei in keinem Verein sei und auch die Einrichtung «Freizeitwerkstatt» in Buchs nicht kannte, fiel negativ auf.