Hoher Preis, ewig langes Laden, wenig Neuerungen.
Erwarten würde man eine solch harsche Kritik über ein neues Handy – in diesem Fall das neue iPhone-Modell XS – von einem unabhängigen Testportal. Nicht aber von einem Elektronik-Geschäft, das bei jedem Verkauf des Geräts über den eigenen Kanal einen schönen Batzen einstreicht. Sprich: das Gegenteil von unabhängig ist.
Digitec, zusammen mit der Schwesterfirma Galaxus der grösste Onlineshop im Land, machts trotzdem. Konkret hat eine Angestellte des Händlers das neue Apple-Smartphone unter die Lupe genommen. Herausgekommen ist ein Video und ein langer Artikel, bei dem Otto-Normal-Verbraucher die Lust, über 1000 Franken (genau: ab 1199 Franken) für die Neuheit auszugeben, wohl vergeht.
Empfangsprobleme?
Ein paar Ausschnitte: «Zum iPhone XS gibts viel zu sagen und auch einiges zu meckern.» Und: «Das Laden dauert enorm lange – viel Spass dabei. Wer einmal Schnellladen erlebt hat, will es danach nicht mehr vermissen.» Und: «Für den hohen Preis sind mir zu wenig Neuerungen dabei.» Auch die hochexplosive Frage, ob das neue Ding vielleicht Empfangsprobleme hat (BLICK berichtete), wird behandelt, aber nicht abschliessend beantwortet.
Natürlich gibts auch Positives – sonst hätte Apple einen Katastrophen-Job gemacht. Zum Beispiel sei es sehr schnell, noch schneller als die Vorgänger. «Das merkt man, wenn man die Kamera aufmacht, wenn man auf eine App klickt.» Den grössten Unterschied mache dies bei der Gesichtserkennung. «Beim iPhone XS funktioniert sie deutlich besser als beim Vorgänger-iPhone X, wenn du seitlich oder von unten aufs Phone guckst.»
Vertrauen steigern
Unter dem Strich ist das Fazit trotzdem negativ. «Wenn du ein älteres iPhone hast – etwa ein iPhone 6 oder abwärts, dann kann sich der Kauf der S-Version lohnen. Ansonsten rate ich davon ab.»
Warum tut Digitec etwas, was wohl weniger Verkäufe des teuren Teils zur Folge hat? Die Antwort: Der Händler erhofft sich, dadurch das Vertrauen zu steigern, das die Kunden in ihn haben. Und weil sie trotzdem ein Handy brauchen, kaufen sie einfach ein anderes. Bei ihm natürlich.
Ganz neu ist die Masche nicht. Schon letztes Jahr startete Digitec eine Kampagne, bei der Feedback von teilweise stinkhässigen Kunden («Null Punkte für das Miststück») auf Plakaten gezeigt wurde. (kst)