Eine Immobilie kaufen, ohne sich damit zu ruinieren? Dafür müssen Interessierte einige wichtige Dinge beachten, die über den Kaufpreis und die Finanzierungsbedingungen hinausgehen.
Zuerst geht es um die richtige Auswahl der Immobilie: Worauf sollte man achten, damit die Traumwohnung oder das Traumhaus ab dem Zeitpunkt des Kaufs an Wert gewinnt – für die Eigentümerschaft oder für die Kinder, die das Eigenheim einmal erben? Hier sind sechs Tipps von drei Immobilienexperten.
Der Standort: Aktuelles und zukünftiges Potenzial
Die drei befragten Experten sind sich einig: «Die Lage ist nach wie vor das wichtigste Kriterium, das den Wert einer Immobilie beeinflusst», sagt Michael Loose, CEO von Investissements Fonciers in Lausanne (ehemals La Foncière). «Gibt es Faktoren, die diese Lage verbessern könnten? Eine neue Zug- oder Tramlinie, ein geplanter Anschluss an das öffentliche Netz in den kommenden Jahren?» Generell gilt: «Wähle ein Gebiet mit Wachstum oder hoher Nachfrage, in der Nähe vom öffentlichen Verkehr, Schulen und Dienstleistern», sagt Thang Nguyen, Unternehmer und Mitbegründer der Immobiliengruppe Swissroc in Genf.
Die Regeln für die Lage können kurzlebig sein: «Die Faktoren ändern sich in Bezug auf die Lage, aber die Investitionsregeln bleiben universell: Es ist besser, in der Nähe von Verkehrsmitteln, Geschäften und nicht in der Nähe einer Feuerwache zu sein», fasst Lorenzo Pedrazzini, Mitbegründer von AMI International, einem unabhängigen Genfer Immobilienberatungsunternehmen, zusammen.
Auch das Risiko von nahe gelegenen Neubauten, die die Aussicht verschlechtern könnten, muss in die Entscheidung einfliessen. «Wenn ein Gebäude aus dem Boden gestampft wird, das einen grossen Schattenwurf hat oder dir die atemberaubende Aussicht nimmt, verliert deine Immobilie an Wert», betont Michael Loose.
Thang Nguyen beobachtet, dass Bergdestinationen hoch im Kurs stehen: «Der Erwerb eines Zweitwohnsitzes in den Bergen mit schneesicheren Höhenlagen ist sehr beliebt. Es gibt ein sehr grosses Wertsteigerungspotenzial in diesen Gebieten.»
Potenzial je nach Art des Objekts
Neben der Lage beeinflusst auch die Art des Objekts den zukünftigen Preis, sagt Thang Nguyen: «Ob Einfamilienhaus, Doppelhaushälfte oder Wohnung in einem Mehrfamilienhaus – die Einfamilienhäuser tendieren dazu, am meisten an Wert zu gewinnen.» 4- und 5-Zimmer-Wohnungen sind die gefragtesten Objekte, bei denen die Preise pro Quadratmeter am höchsten sind. Aufgrund der Nachfrage gibt es ein Aufwärtspotenzial, aber der Einstiegspreis selbst ist bereits hoch.
Ein weiteres Kriterium: «Die Grösse oder die architektonischen Merkmale (die a priori die grösste Nachfrage befriedigen) sind ebenfalls Teil der Marktkriterien oder der Liquidität (die Fähigkeit, schnell wieder zu verkaufen)», fügt Lorenzo Pedrazzini hinzu.
Einschätzung der zukünftigen Arbeiten
Die Kosten der zu erwarteten Renovierungsarbeiten müssen zum Zeitpunkt des Kaufs berücksichtigt werden. Um diese vorwegzunehmen, sollte man eine sorgfältige Prüfung durchführen. «Es gilt, die Qualität der Konstruktion und der Materialien zu überprüfen, um die Kosten für die Instandhaltung des Gebäudes abzuschätzen», erklärt Thang Nguyen. «Dach, Sanitär- und Elektrosystem sind zu überprüfen.»
Energieeffizienz: Eine Schlüsselvariable
Ökologisch effiziente Immobilien sind leichter zu vermieten und zu verkaufen, betont Thang Nguyen. Die Energieeffizienz ist zu einem zentralen Kriterium bei der Bewertung von Immobilien geworden. «Interessierte sollten die Energieklassifizierung der Immobilie überprüfen», empfiehlt der Swissroc-Partner. Diese Klassifizierung hat einen direkten Einfluss auf Heizung, Strom, Nachhaltigkeit und langfristige Unterhaltskosten.
Derzeit müssen mehr als 80 Prozent des Immobilienbestands renoviert werden, um den neuen Kriterien der ökologischen Effizienz zu entsprechen. «Diese Renovierungskosten müssen in den Kaufpreis eingerechnet werden.» Je höher das angenommene Label ist, desto besser wirkt sich dies auf den Preis der Immobilie aus.
Schnäppchenpreise und Ausbaumöglichkeiten
Es kann sinnvoll sein, ein Auge auf andere Objekte zu werfen, als die, die von allen gesucht werden. Ihr Aufwärtspotenzial wird dadurch umso grösser. Das ist der Vorschlag von Michael Loose. «Die meisten Leute wollen eine neue oder stark modernisierte Immobilie ohne technische Probleme kaufen, effizient, nach Umweltstandards, mit geringem Stromverbrauch, alternative Heizung, wenn möglich; also wird der Preis sehr hoch sein», erklärt er.
«Wenn du aber die Möglichkeit hast, ein kleines Risiko einzugehen, und eine Immobilie kaufst, die nicht all diese Eigenschaften hat, bei der du aber das Potenzial für eine Renovierung siehst und dich um diese Arbeiten kümmerst, kann das nicht jeder machen, also hast du einen Preisvorteil.»
In diesem Fall kaufst du günstig ein und übernimmst die technische und energetische Sanierung. Es kann einen grossen Wertschöpfungsspielraum zwischen den Kosten und dem Wert geben, den du am Ende gewinnst, aber du solltest vorsichtig sein.
In ähnlicher Weise ist es möglich, eine Immobilie zu erwerben, die im Rahmen eines Auktionsverfahrens der Betreibungs- und Konkursämter für bankrott erklärt wurde. Für einen Spottpreis erworben, kann es von Grund auf renoviert werden und an Wert gewinnen. «In diesen Fällen musst du den Kaufbetrag auf den Tisch legen, das Geld muss sofort verfügbar sein», sagt Michael Loose. Kurz gesagt: Du musst entweder über brauchbare Ersparnisse verfügen oder im Voraus finanzieren.
Schliesslich gibt es noch Ausbaumöglichkeiten, die in manchen Wohnungen vorhanden sein können. «Es wird immer seltener, da die Verkäufer heute gut von Experten beraten werden und Studien durchführen, bevor sie ihre Immobilie verkaufen. Aber es ist möglich, Baulücken zu entdecken», sagt Michael Loose. Das sind Parzellen, auf denen man bauen oder erweitern kann.
In einigen Fällen kann auch ein nicht bewohnbarer Keller in Wohnraum umgewandelt werden. In diesen Fällen ist es jedoch wichtig, die geltenden Vorschriften der Gemeinde und des Kantons zu prüfen, bevor man mit dem Ausbau beginnt. Dasselbe gilt für Aufstockungen. Bei Gebäuden besteht die Möglichkeit, ein oder zwei Stockwerke aufzustocken, wodurch eine Wertsteigerung erzielt werden kann; dies erfordert jedoch erhebliche Investitionsmittel.
Der Faktor der Knappheit
Lorenzo Pedrazzini weist darauf hin, dass die Verknappung der wichtigste Faktor ist. «Es gibt nur ein wirtschaftliches Phänomen, das die Preise in unserem Land stützt: die Knappheit des Angebots. Mieten oder Kaufen ist kompliziert. Warum ist das so? Die Schweiz ist seit 20 Jahren ein Einwanderungsland. In dieser Zeit mussten 1,5 Millionen Menschen untergebracht werden, wofür mindestens 35 Millionen Quadratmeter zur Verfügung gestellt werden mussten. Die Bautätigkeit hat nicht Schritt gehalten und wird ohne politische Revolution auch nicht Schritt halten. Daher ist jeder Kauf in der Schweiz, innerhalb von fünf Jahren, unabhängig vom Preisniveau, bei gleichbleibender Wirtschaftslage (niedrige Arbeitslosigkeit), hauptsächlich in den Städten oder in deren Nähe, mit einem Mehrwert verbunden.»
Thang Nguyen stimmt zu: «Das Angebot ist auf einem Markt wie zum Beispiel Genf sehr begrenzt. Dieser Faktor ist aufgrund der zunehmenden Wohnungsknappheit sogar wichtiger als die Zinsentwicklung. Langfristig werden die Preise in Genf, Lausanne oder Neuenburg generell steigen.»
Allerdings gibt es Unterschiede zwischen den einzelnen Objektkategorien. Bei Luxusobjekten ab 3 Millionen Franken und mehr geht die Nachfrage nicht zurück. Dagegen schwanken die Preise von Objekten zwischen 1 und 1,4 Millionen stärker. Derzeit verkaufen sie sich weniger gut und das Potenzial ist nicht wirklich vorhanden. Diese Objekte können an Wert gewinnen, aber nur über einen langen Zeitraum.
Schliesslich spielen wirtschaftliche Variablen eine wichtige Rolle bei der Wertsteigerung einer Immobilie: Der Eigentümer wird einen Gewinn erzielen, wenn die Kapitalkosten (Schuldzinsen) niedriger sind als die Inflation und die Entwicklung des Immobilienmarktes, erklärt Lorenzo Pedrazzini. «Es ist eine Wette, aber auf diese Weise gewinnen Immobilien an Wert. Jeder Hypothekenschuldner ist ein Spekulant, ohne es zu wissen, der eine Wette auf die Politik der Zentralbanken, auf den Wechselkurs und auf die Konjunktur eingeht.»
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