Tidjane Thiam (55) und Mark Schneider (52) stehen auf der Kommandobrücke zweier Supertanker der Schweizer Wirtschaft. Vom Reeder – dem Verwaltungsrat – haben beide einen ähnlichen Frachtauftrag erhalten: Sie sollen ihre Schiffe in den sicheren Hafen einer prosperierenden wirtschaftlichen Zukunft steuern.
Für CS-Kapitän Thiam bedeutet dies, dass er die Credit Suisse wieder zu einer gewinnbringenden Bank machen muss, die so stabil ist, dass sie kommenden Weltwirtschaftsstürmen trotzen kann. Bei so etwas hilft eine möglichst dicke Kapitaldecke. Und die ist im abgelaufenen Geschäftsjahr etwas dicker geworden, trotz des dritten Jahresverlusts in Folge.
Die Steuerreform von US-Präsident Donald Trump hat den CS-Dampfer im Dezember etwas vom Kurs abgebracht. Der Grund: Steuergutschriften aufgrund von Verlusten aus der Vergangenheit sind nach Trumps Reform weniger wert – entsprechend musste das Ausmass der Gutschriften nach unten korrigiert werden: Anstelle des erhofften Milliardengewinns resultierte daher unterm Strich ein Verlust von knapp einer Milliarde Franken.
An der Bilanzmedienkonferenz ging Thiam diese Woche deshalb gar nicht gross auf das Jahresergebnis ein. Vielmehr lenkte er das Augenmerk auf die Kostenseite. Dort ist es ihm in den letzten Jahren gelungen einige Milliarden Franken einzusparen, unter anderem durch den Einsatz von Robotern. Steigen die Einnahmen jetzt weiter im gewünschten Ausmass, ist die CS auf Kurs.
Auf der Fahrt in gewinnbringende Gewässer muss der CS-Dampfer mit deutlich weniger Matrosen auskommen. Einige Tausend Banker gingen von Bord, viele in der Schweiz. Immerhin: von weiterem Personalabbau ist bei der CS momentan nicht die Rede.
Ende 2018, am Investor Day, will Thiam im Hafen einlaufen und eine globale Bank präsentieren, die wieder Milliarden-Gewinne abwirft, statt weiter Verluste zu schreiben – bis jetzt waren es – seit Thiam auf die Kommandobrücke kam – 6,3 Milliarden Franken minus. Obwohl er die Lichter des Hafens bereits sehen kann, gilt es noch Untiefen auszuloten. Vor allem die Schweizer Universalbank ist noch nicht ganz so lukrativ wie gewünscht. Hier bräuchte es Kurskorrekturen.
Das Steuer herumreissen
Im Vergleich mit Tidjane Thiam befindet sich Mark Schneider mit seinem Supertanker Nestlé noch weit draussen auf hoher See. Er ist allerdings auch erst seit etwas mehr als einem Jahr an Bord. Liefern muss der Deutsche bis 2020. Auch wenn Nestlé im Gegensatz zur CS regelmässig Gewinne abliefert, gab es in den letzten Jahren doch einige Dämpfer. 2017 erzielte Nestlé einen Reingewinn von 7,2 Milliarden Franken, knapp 16 Prozent weniger als im Vorjahr.
Deshalb schickt Kapitän Schneider sich an, das Steuerruder kräftig herumzureissen. Dass dabei die Fracht etwas verrutscht, ist gewollt. Künftig sollen weniger Süsswaren geladen werden, dafür mehr vitaminhaltige oder Bio-Produkte an Bord sein.
Ein harter Job, findet Patrik Schwendimann von der Zürcher Kantonalbank: «Es ist ein grosser Unterschied, ob Sie eine kleine Firma auf einen neuen Kurs bringen müssen oder den weltgrössten Nahrungsmittelkonzern.Die Ausrichtung von Nestlé zu verändern, ist eine Herkules-Aufgabe.»Zudem schwimmen rund um Nestlé viele kleine Boote, die dem Dampfer das Navigieren schwer machen: «Dank der digitalen Social-Media-Kanäle ist es heute für junge Unternehmen viel einfacher, die Aufmerksamkeit auf sich zu lenken und die Grossen im Lebensmittelgeschäft wie Nestlé zu konkurrenzieren», meint Schwendimann.
Im Vergleich dazu wirkt es wie ein kleiner Kratzer an der Bordwand, dass für Coop einige Nestlé-Produkte im Einkauf zu teuer sind. Weshalb der Detailhändler den Nahrungsmittelmulti boykottiert und einen Bestellstopp für über 150 Nahrungsmittel aus dem Hause Nestlé veranlasste.