Die Verhandlungen laufen seit letztem Dezember. Bereits im Herbst hatte Philip Bucher, Chef und Gründer der Brauerei Chopfab Boxer, das erste Mal in Appenzell bei der Brauerei Locher angeklopft. Man kennt sich gut und tauscht sich immer mal wieder aus. Doch dieses Mal ging es nicht um Brauanlagen oder Malzsorten. Sondern ums Überleben.
Chopfab Boxer braucht Hilfe. «Wir befinden uns seit Dezember in der Sanierung», sagt Bucher zur «Handelszeitung». «Wir sind jetzt in der letzten Phase der Umsetzung.» Und ein Teil der Lösung ist der Familienbetrieb aus Appenzell, der für seine blauen Quöllfrisch-Dosen bekannt ist. Am Dienstag wurde die Belegschaft an den Standorten von Chopfab in Winterthur und Boxer in Yverdon informiert.
Jetzt geht es darum, das Schlimmste zu verhindern. Die Chopfab Boxer AG befinde sich in wirtschaftlichen Schwierigkeiten, sagt Bucher. «Deren Tragweite ist gravierend, und ohne Sanierungsmassnahmen ist der Fortbestand der Gesellschaft nicht gesichert.»
Nur wenn der Schuldenschnitt gelingt, schiesst die Brauerei Locher Kapital ein
Das Ziel ist ein Schuldenschnitt und eine anschliessende Rekapitalisierung. Chopfab Boxer soll organisatorisch unabhängig bleiben, auch die zuletzt beteiligten Aktionärinnen und Aktionäre ziehen mit, sagt Bucher. Mit grosser Wahrscheinlichkeit übernimmt die Brauerei Locher dabei aber die klare Aktienmehrheit, auch wenn das keine der beiden Seiten so bestätigen will.
Chopfab Boxer war eigentlich gut unterwegs. Die erst 2013 als Doppelleu gegründete Brauerei gehört mit einem Marktanteil von etwa 3 Prozent zu den zehn grössten Schweizer Brauereien. Innert weniger Jahre hatte sie sich am Markt etabliert. Seit der Übernahme von Boxer im Jahr 2017 ist sie schweizweit mit ihren Produkten präsent. «Kundenseitig läuft alles gut», betont Bucher.
Doch die Brauerei ächzt unter einer hohen Schuldenlast, war sie doch vor allem über Fremdkapital finanziert. Als dann die Zinsen anzogen, ging die Rechnung nicht mehr auf. Und dies, nachdem in den Jahren zuvor schon diverse Gastronomiebetriebe wegen der Pandemie schliessen mussten und die danach stark gestiegenen Rohstoff- und Energiekosten ihre Spuren hinterlassen hatten.
Schon 2023 gab es Veränderungen im Verwaltungsrat
Erste Veränderungen waren bereits im vergangenen Jahr sichtbar. Langjährige Verwaltungsräte verliessen in der zweiten Jahreshälfte das Unternehmen: Zunächst Matthias Reinhart und Albrecht Langhart, dann im Dezember auch Peter Keller, der einst als Geschäftsführer von Boxer zum Unternehmen kam.
Noch ist nicht klar, ob die Sanierung gelingt. Doch beide Seiten zeigen sich zuversichtlich: «Wir sind Teil der Lösung, aber die Sanierung ist ein hartes Stück Arbeit», sagt Locher-Geschäftsführer Aurèle Meyer. Es müsse gelingen, die Brauerei Chopfab Boxer auf «gesunde Beine zu stellen». Und das gehe nur, wenn der Betrieb entschuldet und neu finanziert werde. «Das Bier ist gut, die Marken stimmen», so Meyer.
Locher und Chobfab Boxer sind die perfekte Ergänzung. Hier die traditionell aufgestellte, grosse Brauerei aus Appenzell. Dort das Winterthurer Unternehmen mit einem hippen Brand in der Deutschschweiz und einer stark verankerten Marke in der Romandie. Zusammen würden Locher und Chopfab Boxer eine Gruppe bilden, die 13 Prozent des in der Schweiz konsumierten Bieres herstellt. Oder mehr als 16 Prozent der Inlandproduktion.
Damit könnte Locher im Schweizer Markt zur heutigen Nummer zwei – Heineken mit den Brauereien Eichhof und Calanda – aufschliessen oder diese sogar überholen. Doch darüber will derzeit noch niemand reden. Die Prioritäten liegen woanders.
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«Wir versuchen nun erst mal, alles zu geben, um Chopfab Boxer zu retten», sagt Locher-Chef Meyer. «Es geht um Arbeitsplätze und die Bierkultur.» Die beiden Brauereien ergänzen sich gut, es gibt kaum Überschneidungen. Erklärtes Ziel sei, dass die Betriebe weiterliefen wie bisher und keine Standorte geschlossen würden, sagt Meyer.
Letzteres ist auch Bucher wichtig. Er geht davon aus, dass die Sanierung ohne Personalabbau gelingen werde. Standortschliessungen seien keine Option.
Nun gehe es darum, die Geschäftspartner für den Schuldenschnitt zu gewinnen. Mit den Aktionären, Aktionärinnen und Banken habe man sich bereits erfolgreich geeinigt. Einen Alternativplan zur angestrebten Sanierung habe er nicht, sagt Bucher. «Das ist unser gemeinsamer Weg, den wir erfolgreich gehen wollen.»