Wichtigster Mann in den USA
Rahul Sahgal schaut Trump für die Schweiz ganz genau auf die Finger

Rahul Sahgal, neuer Chef der Swiss-American Chamber of Commerce, steht vor grossen Herausforderungen. Mit drohenden US-Importzöllen und wichtigen Handelsabkommen muss er die Schweizer Wirtschaftsinteressen in den USA verteidigen.
Publiziert: 21.12.2024 um 20:01 Uhr
|
Aktualisiert: 21.12.2024 um 20:04 Uhr
Der 46-jährige Rahul Sahgal übernimmt eine Schlüsselrolle in den Wirtschaftsbeziehungen zwischen der Schweiz und den USA.
Foto: DARRIN VANSELOW/HANDELSZEITUNG

Auf einen Blick

Die Zusammenfassung von Blick+-Artikeln ist unseren Nutzern mit Abo vorbehalten. Melde dich bitte an, falls du ein Abo hast.
marc_kowalsky.jpg
Marc Kowalsky
Bilanz

Wenn sich für den grössten Exportmarkt massive Umwälzungen ankündigen, läuten bei den Schweizer Unternehmen die Alarmglocken. Genau das ist momentan der Fall, da der designierte US-Präsident Donald Trump für seine zweite Amtszeit einschneidende Massnahmen wie Importzölle von 20 Prozent angekündigt hat. «Klar wachstumshemmend» wäre das, sagt Rahul Sahgal (46), der seit August der Swiss-American Chamber of Commerce (Swiss AmCham) vorsteht.

Sein Vorgänger Martin Naville hatte die Handelskammer in seinen 20 Jahren als CEO zum heute wohl mächtigsten Wirtschaftsverband des Landes gemacht. Sahgal ist gefordert: Mit 350 Milliarden Dollar ist die Schweiz der sechstgrösste Direktinvestor in den USA, andersherum sind die USA der grösste hierzulande. Den Standort Schweiz im Transatlantikhandel kompetitiv zu halten, ist Sahgals Hauptaufgabe. Auch beim lang angedachten Freihandelsabkommen oder alternativ bei sektoriellen Vereinbarungen muss es vorwärtsgehen. Und er muss die Revision des Doppelbesteuerungsabkommens möglichst bald unter Dach und Fach bekommen. «Das ist unschätzbar wichtig sowohl für die Schweizer Wirtschaft wie auch für die US-Firmen hier», so Sahgal.

Die Karriere

Rahul Sahgal hat an der HSG studiert, zusammen mit Michael Steinmann, McKinsey-Chef Schweiz, Daniel Kessler, Ex-BCG-Schweiz-Chef, Investor David Braginsky sowie Schindler- und Kühne+Nagel-VR Tobias Staehelin. Als er bei Deloitte doktorierte, wurde er von Rieter unter CEO Hartmut Reuter als Berater für die Indien-Expansion geholt. Unter Reuter sowie dessen Nachfolger Martin Hirzel, heute Swissmem-Präsident, leitete Sahgal später die indische Landesgesellschaft des Rieter-Spin-offs Autoneum. Helene Budliger Artieda, damals HR-Leiterin im EDA und heutige Seco-Staatssekretärin, holte ihn 2013 in den diplomatischen Dienst. Unter Roberto Balzaretti, damals Botschafter in Brüssel und heute in Paris, musste Sahgal der EU die Masseneinwanderungsinitiative erklären.

Als stellvertretender Leiter einer Sektion für multilaterale Friedenspolitik kümmerte er sich anschliessend um Mediationsprojekte im Südchinesischen Meer und Abrüstungsgespräche mit der Afrikanischen Union, bevor er für vier Jahre an der Schweizer Botschaft in den USA diente (siehe «Die Washington-Connection» rechts). 2021 holte ihn Daniela Stoffel, Staatssekretärin und persönliche Mitarbeiterin von Finanzminister Ueli Maurer, nach Bern zurück als stellvertretender Leiter der Steuerabteilung im Staatssekretariat für internationale Finanzfragen (SIF). Mit Maurer hatte Sahgal zu jener Zeit ebenso zu tun wie später mit dessen Nachfolgerin Karin Keller-Sutter. Er kümmerte sich um die Revision des Doppelbesteuerungsabkommens mit den USA und leitete die Verhandlungen zum Fatca-Modellwechsel. Seither hat er auch ein gutes Verhältnis zu Aussenminister Ignazio Cassis.

Seco-Staatssekretärin Helene Budliger Artieda holte Sahgal 2013 in den diplomatischen Dienst.
Foto: Keystone

Die Familie

Zu seinem Geburtstag gibt es jedes Jahr ein grosses Feuerwerk, denn Rahul Sahgal wurde in der Silvesternacht 1977 geboren. Vater Suresh stammt aus Indien, studierte an der ETH Maschinenbau und arbeitete bei Saurer. Mutter Anita ist Architektin. Seine Frau Sabrina Cellier, eine Genfer Anwältin, hat Sahgal an einer 1.-August-Feier auf der Schweizer Botschaft in Delhi kennengelernt. Heute leben die zwei mit den beiden Töchtern (sechs und acht Jahre) in Küsnacht, Sahgal hat das Haus von seinem Vorgänger Martin Naville übernommen. Die Familie geht häufig in Verbier Ski fahren. Sahgal ist Segler, er hat den Skipper- und den Hochseeschein. Zudem spielt er Tennis und Golf. Zuletzt war er Mitglied im Club von Verbier, derzeit ist er vereinslos.

Die Mitstreiter

Der Vorstand der AmCham ist mit 52 Personen ausnehmend gross und liest sich wie das Who’s who der Schweizer Wirtschaft. Besonders eng ist Sahgal mit UBS-Chef Sergio Ermotti, der bei seiner Wahl das Nomination Committee leitete. Mit im Komitee sassen Marie-France Tschudin, frühere Chief Commercial Officer von Novartis, sowie Dominik Schaller, Schweiz-Chef der Personalberatung Egon Zehnder. Eng arbeitet Sahgal auch mit Schindler-CEO Silvio Napoli,ABB-Chef Morten Wierod, Stefan Paul von Kühne+Nagel, dem früheren Dormakaba-Lenker Riet Cadonau sowie Ex-Swiss-Chef Dieter Vranckx zusammen.

Zu Unternehmer André Kudelski und Multi-Chairman Thomas Wellauer sind die Drähte ebenfalls gut. Sandoz-Präsident Gilbert Ghostine ist ein Förderer, zur Rohstoff-Zarin Margarita Louis-Dreyfus hat Sahgal auch privat Kontakt. Adecco-CEO Denis Machuel und Cargill-Finanzchef Dominique Le Doeuil gehören ebenso zu seinem engeren Umfeld wie seit Kurzem auch Breitling-Chef Georges Kern. Aus Genfer Zeiten stammt die Verbindung zum Chef der dortigen Handelskammer, Vincent Subilia.

Mit Dieter Vranckx, dem früheren Swiss-Chef, arbeitet Sahgal eng zusammen.
Foto: Thomas Meier

Die Gegenspieler

Zwei Frauen und zwei Männer standen neben Sahgal auf der Shortlist und konkurrierten mit ihm um den CEO-Job bei der AmCham, darunter Ex-Nationalrätin Christa Markwalder. Gegen das erhoffte Freihandelsabkommen mit den USA muss Sahgal einigen Widerstand erwarten, etwa von den Gewerkschaften unter Pierre-Yves Maillard, vom Bauernverband unterMarkus Ritter, von den Grünen unter Lisa Mazzone oder von SP-Vizepräsidentin Jacqueline Badran, der international tätige Firmen ein Graus sind. Und auch das Doppelbesteuerungsabkommen dürfte auf linker Seite nicht nur Freunde haben, würde die Schweiz doch deutlich weniger Steuern einnehmen, die bösen Konzerne dafür viel Geld sparen.

Von Pierre-Yves Maillard, Ständerat und Gewerkschaftsboss, muss Sahgal mit Widerstand rechnen.
Foto: keystone-sda.ch

Die Washington-Connection

Von 2017 bis 2021, also sowohl zu den Zeiten von Donald Trump wie von Joe Biden als US-Präsident, leitete Sahgal die Finanz- und Steuerabteilung in der Schweizer Botschaft in Washington unter den Botschaftern Martin Dahinden und Jacques Pittelout. Mit dem aktuellen Botschafter Ralf Heckner, der aus Delhi kommt, ist er freundschaftlich verbunden. Sahgal leitete die Fatca-Verhandlungen, und es gelang ihm, das Änderungsprotokoll zum Doppelbesteuerungsabkommen durch den US-Senat zu bekommen. In Verhandlungen mit dem Office of Foreign Assets Control (OFAC) half er an der Seite des Seco, die Trump-Sanktionen gegen Sulzer unter Greg Poux-Guillaume aufzuheben.

Auf US-Seite zuständig für die Beziehungen zur Schweiz war David Malpass, späterer Weltbank-Chef. Gut sind die Drähte auch zu Catherine Schultz, Steuerchefin des mächtigsten Wirtschaftsverbandes in Washington, des Business Roundtable, zu Marjorie Chorlins, Europa-Chefin der U.S. Chamber of Commerce, sowie zum Schweizer Ulrich Brechbuhl, damals Berater von Aussenminister Mike Pompeo. Seine Connections zu Jake Colvin, Leiter des National Foreign Trade Council, sind instrumentell für ein potenzielles Freihandelsabkommen. Mit Trump-Freund Ed McMullen, früher US-Botschafter in der Schweiz und heute Politberater in Washington, ist Sahgal ebenfalls verbunden.

Fehler gefunden? Jetzt melden
Was sagst du dazu?
Liebe Leserin, Lieber Leser
Der Kommentarbereich von Blick+-Artikeln ist unseren Nutzern mit Abo vorbehalten. Melde dich bitte an, falls du ein Abo hast. Noch kein Blick+-Abo? Finde unsere Angebote hier:
Hast du bereits ein Abo?
Externe Inhalte
Möchtest du diesen ergänzenden Inhalt (Tweet, Instagram etc.) sehen? Falls du damit einverstanden bist, dass Cookies gesetzt und dadurch Daten an externe Anbieter übermittelt werden, kannst du alle Cookies zulassen und externe Inhalte direkt anzeigen lassen.