Der norwegische Fussballer Eerling Haaland soll bei seinem neuen Verein Manchester City ein Grundsalär von 31,4 Millionären Euro verdienen. Mit Siegprämien und Werbeeinnahmen läppern sich weit über 50 Millionen zusammen. Der 260 Milliarden Dollar schwere Tesla-Gründer Elon Musk hat für 44 Milliarden Dollar Twitter gekauft.
Die beiden Ereignisse hängen so zusammen: Fussballer wie Haaland, Tennisstars wie Federer, UBS-Chefs wie Sergio Ermotti und Ralph Hamers und viele Millionen Grossverdiener sind das «Kleinvieh», mit deren Mist Grossinvestoren wie Elon Musk, Warren Buffet oder Larry Fink von Blackrock die ganze Welt kaufen können – und damit noch mächtiger werden.
Nur einen Bruchteil konsumieren
Das Grundübel der Marktwirtschaft ist die einseitige Einkommensverteilung und die entsprechende Kapital-Kumulation: Haaland und Konsorten können auch bei bester Spendierlaune nur einen Bruchteil ihres Einkommens konsumieren. Der grosse Rest bleibt als Guthaben stehen und wird – zum Beispiel – in Anteilscheine von Berkshire Hathaway investiert - dem 960 Milliarden Dollar schweren Anlagefonds von Warren Buffet. Und weil man mit viel Geld viel bewegen kann, fuhren Buffets Aktionäre im Schnitt der letzten 50 Jahre 20 Prozent Rendite. Da rollt ein Schneeball.
Wie das geht? Ganz einfach. Grossinvestoren können mit Zu- oder Verkäufen oder mit Übernahmegerüchten jederzeit die Kurse bewegen. Manchmal reicht auch schon lautes Denken. Das Finanzgenie Musk hat auf Twitter 80 Millionen geldgierige Follower. Als er im Februar 2021 verkündete, dass Tesla im grösseren Stil in Bitcoin investiert habe, stieg deren Kurs massiv. Ein paar Monate später twitterte Musk, Bitcoin schade der Umwelt, worauf der Kurs zeitweilig wieder sank.
Einsteigen, aussteigen, kassieren
Das ist noch die harmlose Variante. So lange die grossen Spekulanten bloss die kleinen übertölpeln, hält sich der soziale Schaden in Grenzen. Doch die Investoren kaufen sich nicht nur gegenseitig ihre Aktien und Kryptowährungen ab. In ihrem Anlagenotstand investieren sie ihre Billionen auch in die Immobilienmärkte. Die bringen zwar – in der Schweiz – nur 3 Prozent Rendite plus 3 Prozent Wertsteigerung. Doch für die Mieter geht das ans Lebendige.
In den Ballungszentren – dort wo es Arbeit gibt – müssen die ärmeren Haushalte nicht selten 40 Prozent mehr ihres Einkommens für die Miete ausgeben. Um die Verarmung in Grenzen zu halten, muss immer mehr der Staat einspringen. Was die Haalands und Federers, geschweige denn die Buffets und Musks an Guthaben anhäufen, findet bei den Staatsschulden sein Gegenstück.
71'200 Milliarden Staatsschulden
Der Vermögensverwalter Janus Andersen schätzt die globalen Staatsschulden auf 71'200 Milliarden Dollar und die jährliche Zunahme auf 6000 Milliarden, wovon etwa ein Fünftel auf die Zinsen entfällt. An eine Rückzahlung der Staatsschulden (und einen entsprechenden Abbau der Guthaben) denkt niemand. Es geht nur noch darum, in den Augen der Grossinvestoren kreditwürdig zu bleiben – etwa indem man die Sozialausgaben einschränkt. Was wiederum die Ungleichheit akzentuiert.
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Doch die stetige Anhäufung von Guthaben und Schulden setzt falsche Anreize und
untergräbt die Effizienz der Marktwirtschaft. Bleiben wir beim Beispiel von Twitter. Die rund
7000 Mitarbeiter würden mit einer traditionellen Tätigkeit als Bäuerin, Lehrer oder Krankenpflegerin vielleicht 500 Dollar täglich an Wert schaffen, zusammen also 3,5 Millionen. Wenn die Twitter-Aktie aber auch nur 1 Prozent an Wert gewinnt oder verliert (oft sind es mehr als 4 Prozent) werden aber schon 440 Millionen verschoben. Das ist mehr als das Hundertfache.
Doch wer macht die Arbeit?
Kein Wunder träumen die jungen Leute davon, heute Day-Trader, Vermögensverwalter oder Bankökonomen zu werden. Doch wer macht dann die Arbeit?
Und wer bisher geglaubt hatte, die Marktwirtschaft brauche ein demokratisches Fundament, kommt ebenfalls ins Grübeln. Fondsriesen wie Blackrock halten wichtige Beteiligungen querbeet in allen Branchen – Banken, Pharma, Rohstoffe, Detailhandel …. und in den Massenmedien.
In Frankreich etwa gehören praktisch alle wichtigen Organe den Oligarchen. Um ihren Präsidenten wählen zu lassen, brauchen sie keine Parteien, sondern lassen ein «Mouvement» aufmarschieren - La République en Marche. Musk hat Twitter nicht gekauft, weil er sich davon viel Gewinn erhofft, sondern weil Oligarchen wissen, wie sie ihre Macht festigen und ausbauen können.
«Und vergib uns unsere Schulden»
Unsere Gesellschaft wurde schon immer durch gegenseitige soziale Pflichten organisiert. Die sind aber mit dem Tod erloschen. Mit der Erfindung der Geldschulden haben wir uns ein Problem eingehandelt. Doch solange die Wirtschaft noch Sache der Kirche war, wurde diese Klippe mit dem Hall- oder Jubeljahres (alle Schulden werden vergeben) umschifft: «Und vergib uns unsere Schulden, so wie auch wir….»)
Doch heute, da wir die Schulden- und Guthabenwirtschaft auf eine groteske Spitze getrieben haben, wird das Problem der unablässig steigenden Guthabenberge noch nicht einmal erkannt. In den Lehrbüchern der Ökonomik steht dazu nichts. Da muss man schon blick.ch lesen.