Wer sich zu spät beim Amt gemeldet hat, muss selber zahlen
Fristenwirrwarr bringt Firmen in Schieflage

Wer Kurzarbeit anmelden will und sich zu spät beim Amt gemeldet hat, muss selber zahlen. Das Parlament kann den Fehler aber Mitte März beheben. Für die Arbeitgeber steht viel auf dem Spiel.
Publiziert: 12.03.2021 um 07:04 Uhr
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Aktualisiert: 08.04.2021 um 16:04 Uhr
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Goldener: Einer der 18 Modeläden der gleichnamigen Unternehmerfamilie.
Foto: zVg
Marc Iseli

Milo Goldener (60) hat den Antrag auf Kurzarbeit am 18. Januar zum Start des zweiten Lockdowns eingereicht. Vierfach. Denn er ist mit seinen Modegeschäften in vier Kantonen tätig: Zürich, Appenzell Innerrhoden, Appenzell Ausserrhoden und St. Gallen. Bislang hat der Unternehmer aber noch keine Antwort. Keine Verfügung. Keine Eingangsbestätigung. Er hat bis heute noch keinen Rappen erhalten.

Goldeners Situation ist stellvertretend für Tausende Unternehmer im Land. Die Kantone sind überfordert, und Bundesbern hat beim Covid-Gesetz weitreichende Fehler gemacht. So hat es der Bundesrat anfangs verpasst, die sogenannte Voranmeldefrist zu streichen. Immerhin kann das Parlament diesen Fehler noch korrigieren. Am 19. März ist Tag der Wahrheit. Dann widmet sich die Politik voraussichtlich dieser Angelegenheit.

Die Voranmeldefrist sieht vor, dass Kurzarbeitsgelder erst einige Tage nach Eingang des Gesuchs abgerechnet werden. Während des ersten Lockdowns wurde diese Regel ausser Kraft gesetzt, um den Betrieben schnell und auch rückwirkend helfen zu können. Im zweiten Lockdown ging dies unter. Der Bundesrat besserte Mitte Februar zwar nach. Das Departement von Finanzminister Ueli Maurer (70) war federführend. Das letzte Wort hat aber das Parlament. Es kann die Voranmeldefrist rückwirkend streichen. Oder auch nicht.

Willkürliche Handhabe in den Kantonen

Für die Unternehmen geht es um sehr viel Geld. Und die Kantone agieren aktuell willkürlich, wie zwei Beispiele aus dem Textilhandel zeigen. Sie sind anonymisiert, weil die Betriebe nicht öffentlich auftreten wollen. BLICK hatte aber Einsicht in die Unterlagen. Im ersten Beispiel wurde das Gesuch für Kurzarbeit am 24. Januar verschickt und am 28. Januar vom Kanton Zürich «teilweise» bewilligt. Wegen der Voranmeldefrist hiess es aber, dass erst vom 7. Februar an Gelder für die Kurzarbeit bezahlt würden. Für maximal drei Monate.

Die Firma intervenierte bei den Behörden. Sie suchte Unterstützung beim zuständigen Berufsverband. Der Kanton verfügte schliesslich, dass für die Zeit ab dem 31. Januar Geld fliessen könne. Ein Teilerfolg. Der Betrieb, der auf Anordnung des Bundes zwangsgeschlossen wurde, bleibt trotzdem auf fast zwei vollen Wochen sitzen, für die er keine Kurzarbeitsentschädigung erhält. Die Löhne muss der Arbeitgeber selber bezahlen.

Zweites Beispiel, wieder ist es eine Firma aus dem Textilhandel: Das Gesuch um Kurzarbeit wurde am 18. Januar verschickt, dem ersten Lockdown-Tag. Die Behörden prüften das Dossier und teilten einige Tage später mit, dass «kein Einspruch» erhoben würde. «Sofern die übrigen Anspruchsvoraussetzungen erfüllt sind, kann die Arbeitslosenkasse in der Zeit vom 18.01.2021 bis 17.04.2021 Kurzarbeitsentschädigung ausrichten», heisst es in der Verfügung.

Firmen kommen in Kurzarbeitsnot

Zwei Kantone, zwei völlig unterschiedliche Entscheide. Und im Fall von Milo Goldener ist es noch schlimmer. Er hat bis heute keine Verfügung erhalten und weiss nicht, wann ein Entscheid kommt. Er bezahlt die Gehälter seiner 140 Angestellten in den 18 Läden aus dem eigenen Sack.

«Während des ersten Lockdowns hat es deutlich besser funktioniert, diesmal werden laufend weitere Unterlagen eingefordert», sagt Goldener. Er ist in der glücklichen Lage, genügend Liquidität zu haben, um die behördliche Misere zu überbrücken.

Anderen Firmen geht es aber nicht so. Als Unternehmer – und als Präsident des Textilverbandes – sagt Goldener: «Bei gewissen Firmen ist es bereits 5 nach 12.»

So steht es derzeit um die Härtefallhilfen

Die Härtefall-Hilfen liegen derzeit beim Parlament. Die beiden Kammern überarbeiten die Höhe der Gelder und die Konditionen, die stark betroffene Firmen aufgrund angeordneten Schliessungen erhalten sollen. Der Ständerat hat nun einen ersten Vorschlag vorgelegt: Demnach soll der Bund 80 Prozent der Kosten bei kleinen Firmen, die sich als Härtefall qualifiziert haben, übernehmen. Maximal könnten diese Firmen dann bis zu einer Million Franken beantragen. Auch grössere Härtefall-Unternehmen sollen nun mehr Hilfen erhalten. Finanzminister Ueli Maurer beziffert die bisher ausbezahlten Härtefallgelder auf zwischen 500 Millionen und einer Milliarde. Bis Ende Februar gingen 30'000 Anträge ein. Davon seien 12'000 bislang bewilligt worden. Franziska Scheven

Die Härtefall-Hilfen liegen derzeit beim Parlament. Die beiden Kammern überarbeiten die Höhe der Gelder und die Konditionen, die stark betroffene Firmen aufgrund angeordneten Schliessungen erhalten sollen. Der Ständerat hat nun einen ersten Vorschlag vorgelegt: Demnach soll der Bund 80 Prozent der Kosten bei kleinen Firmen, die sich als Härtefall qualifiziert haben, übernehmen. Maximal könnten diese Firmen dann bis zu einer Million Franken beantragen. Auch grössere Härtefall-Unternehmen sollen nun mehr Hilfen erhalten. Finanzminister Ueli Maurer beziffert die bisher ausbezahlten Härtefallgelder auf zwischen 500 Millionen und einer Milliarde. Bis Ende Februar gingen 30'000 Anträge ein. Davon seien 12'000 bislang bewilligt worden. Franziska Scheven

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