Kaffee trinken, das Netzwerk aktivieren und den Lebenslauf aktualisieren. Damit sind im Moment viele der weltweit rund 50'000 Mitarbeitenden der Credit Suisse beschäftigt. Daneben müssen sie auch den Betrieb einer globalen Schweizer Grossbank aufrechterhalten. In vielen Abteilungen sind Projekte auf Eis gelegt, zumindestens bis alle Behörden die Übernahme durch die UBS bestätigt haben. Was schon in den nächsten Tagen, spätestens Wochen der Fall sein sollte.
Nur ein Bereich hat alle Hände voll zu tun: die Personalabteilung. Denn bis zu 150 Kündigungen pro Tag sollen die HR-Verantwortlichen der CS rund um den Globus erreichen. Eine schier unglaubliche Zahl, die vor allem mit der grossen Verunsicherung vieler CS-Mitarbeitenden über ihre berufliche Zukunft zu erklären ist. Wer kann, geht und wartet nicht darauf, dass die UBS Bedarf für die Angestellten der untergehenden CS anmeldet.
Viele Kündigungen ausserhalb der Schweiz
Offiziell kommentiert die CS diese Zahl nicht – im Gespräch versucht die Bank aber, sie etwas kleiner aussehen zu lassen. Doch zwei voneinander unabhängige Quellen aus der CS haben gegenüber Blick die Zahl der weltweit täglich rund 150 Kündigungen genannt. In Spitzenzeiten seien es sogar noch mehr gewesen.
Klar ist: Die Fluktuationsrate bei der Bank ist im Vergleich zu den Frühlingswochen im Vorjahr – also als die Krise der CS noch etwas weniger offensichtlich und die Rettung durch die UBS in weiter Ferne war – jetzt deutlich höher. Vor allem im Investmentbanking sowie in den Regionen Asien-Pazifik und Amerika treffen die Kündigungen beinahe im Stundentakt bei den Personalabteilungen ein.
Dem Schicksal vorgreifen
Das überrascht nicht: Denn es ist die erklärte Absicht der UBS, das risikoreiche Investmentbanking der CS herunterzufahren. Auch ist nicht klar, aus welchen Märkten sich die Bank unter der Ägide der UBS zurückziehen muss, einfach weil sich das Geschäft trotz aller Bemühungen nicht mehr lohnt.
Das macht es aus Sicht der Angestellten durchaus Sinn, von sich aus zu gehen, bevor viele andere gleichzeitig auch den blauen Brief erhalten. Denn ohne Entlassungen wird die Übernahme der CS durch die UBS nicht durchzuführen sein.
Wie viele Kündigungen täglich von Schweizer Angestellten eintreffen, ist unklar. In der Schweiz aber dürfte die Loyalität zur traditionsreichen CS deutlich höher sein, als in anderen Regionen. Andererseits ist derzeit fast jeden Tag von ganzen Teams aus der Vermögensverwaltung zu lesen, die zu einer anderen Bank wechseln – sicher auch mit der Absicht, die von ihnen betreuten Kunden mitzunehmen.
Auch wenn die CS nichts Konkretes zu den Kündigungen sagen will, so spricht doch einiges für eine grosse Abgangswelle der Mitarbeitenden. Etwa die Nervosität in der Chefetage der UBS. So hat Iqbal Khan (47), der Chef der globalen Vermögensverwaltung der UBS, an einem internen Anlass ziemlich unverhohlen gedroht: Wer jetzt gehe, müsse sich nie mehr bei der neuen UBS bewerben.
Destabilisierung der CS verhindern
Andere aus der Führungsetage der UBS geben sich da entspannter, lassen schon auch mal durchblicken, dass nicht die Besten jetzt gerade gehen, sondern die, die sich kaum Chancen bei der neuen UBS ausrechnen. Es käme der UBS offenbar ganz gelegen, wenn sich möglichst viele Mitarbeitende der CS schon jetzt verabschiedeten. So müsste die Bank weniger Kündigungen aussprechen, die Empörung in der Öffentlichkeit wäre geringer, so vielleicht das Kalkül.
Andererseits hat die UBS kein Interesse an einer destabilisierenden Kündigungswelle. Auch nach der Übernahme muss die CS noch eine ganze Weile funktionieren, die vollständige Integration könnte bis zu vier Jahre dauern. Täglich stelle die CS deshalb auch neue Leute ein, lässt ein Sprecher ausrichten. Etwa in der Vermögensverwaltung, bei den Finanzen oder im Bereich Operations – mit unbefristeten Arbeitsverträgen, wie in der Branche üblich.