Weil Mitarbeiter im Homeoffice sind
Die Kantinen sind auf Corona-Diät

Der Homeoffice-Trend wird wohl auch nach der Krise bestehen bleiben. Das bringt die Kantinenbetreiber noch mehr ins Schleudern.
Publiziert: 09.08.2020 um 23:05 Uhr
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Aktualisiert: 11.08.2020 um 16:03 Uhr
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Seit Beginn der Corona-Krise kochen die Menschen vermehrt zu Hause ihr Mittagessen.
Foto: Getty Images
Franziska Scheven

Die Büros sind weiterhin spärlich besetzt. Die Mitarbeiter schützen sich, indem sie von zu Hause aus arbeiten. Seit Corona ist das Homeoffice nicht mehr wegzudenken.

Die Verlierer dieser Entwicklung sind die Personalkantinen. «Die Auswirkungen der Pandemie haben uns mit voller Wucht getroffen,» sagt Katrin Dorfschmid von den ZFV-Unternehmungen, die 200 Betriebe in der ganzen Schweiz unterhalten – unter anderem für die SBB oder die Universität Zürich.

Wie gross der Umsatzeinbruch ist, wollte sie nicht sagen. Während des Lockdowns waren rund zwei Drittel der ZFV-Betriebe geschlossen. Etappenweise werden sie seither wieder geöffnet.

Weniger Mittagsmahlzeiten ausser Haus

ZFV ist nicht der einzige Kantinen- und Mensenbetreiber, dem es in der Krise schlecht geht. Das zeigt eine BLICK-Umfrage bei den grössten Anbietern des knapp drei Milliarden Franken grossen Markts.

SV Group aus Dübendorf ZH, die britische Compass mit Sitz in Kloten ZH und Eldora aus Rolle VD sowie kleinere Anbieter wie Migros kämpfen alle mit den Auswirkungen der Pandemie. Die Kantinen bleiben über Mittag so gut wie leer.

«Wir rechnen dieses Jahr mit einem Umsatzrückgang», so SV-Group-Sprecherin Manuela Stockmeyer. Die Gruppe betreibt unter anderen Mitarbeiterrestaurants für die Post und die Swisscom. Etwa 70 Prozent der SV-Group-Belegschaft ist weiterhin in Kurzarbeit. Diese soll laut Stockmeyer auch nach Ende August verlängert werden. Für wie lange, ist noch unklar.

Kantinen bleiben geschlossen

Compass Group, die 152 Standorte betreibt, hat derzeit gerade mal knapp über die Hälfte ihrer Restaurants wieder geöffnet.

Auch die Migros hat zu kämpfen. Von insgesamt 15 Standorten sind bis auf einen zwar alle offen, aber es gibt weniger zu tun. Die Migros betreibt die Restaurants unter anderem für die Migros Bank.

«Viele Unternehmen, für die wir das Betriebsrestaurant führen dürfen, arbeiten stark reduziert», so die Migros-Sprecherin Annabel Ott. Auch hier befinden sich einige der 130 Migros-Mitarbeiter bis heute in Kurzarbeit.

Wie hoch der Umsatzrückgang genau ist, will keines der Unternehmen exakt angeben.

Mitarbeiter bangen um ihren Job

Weniger Umsatz kann schnell zu Personalabbau führen. Obwohl alle Betreiber angeben, keine konkreten Kündigungspläne zu haben, muss über andere Kanäle eingespart werden. Keine Neueinstellungen, Reduktion von Pensen und natürliche Abgänge sind erste Schritte.

«Mit dem Ziel, möglichst viele Arbeitsplätze zu erhalten, könnten künftig auch Pensumsreduktionen ein Mittel sein», erklärt auch die ZFV-Sprecherin. Bei ZFV arbeiten insgesamt 1400 Personen. 80 Prozent der Mitarbeiter waren während des Lockdowns in Kurzarbeit. Viele konnten mittlerweile wieder zurückkommen. Trotzdem will das Unternehmen laut Dorfschmid die Kurzarbeit für einige Mitarbeiter im August verlängern.

Auch die SV Group schliesst Kündigungen nicht aus. «Wo wir sehen, dass sich unser Geschäft auf längere Zeit oder gar nicht mehr erholen wird, prüfen wir Schliessungen und personelle Massnahmen», sagt Sprecherin Stockmeyer.

Der Trend vom Homeoffice bleibt

Einer aktuellen Umfrage zufolge wollen viele Mitarbeiter auch nach Corona lieber von zu Hause aus arbeiten. Darauf stellen sich auch viele Unternehmen ein. Grund genug, dass sich die Kantinen um einen Plan B kümmern.

«Wir gehen fest davon aus, dass der Homeoffice-Trend bestehen bleibt», so Stockmeyer. Die SV-Gruppe fokussiert sich derzeit auf coronaverträgliche Optionen. Das Unternehmen lancierte deshalb in den vergangenen Wochen den Essenslieferanten «Andiamo Delivery» in Zürich, Bern und Basel.

ZFV experimentiert mit einer Pick-up-Kantine, bei der Mitarbeiter Menüs abholen können.

Digitale Kompetenzen gesucht

Eldora setzt auf neue Expertise in der Führungsetage. Das Unternehmen mit insgesamt 257 Kantinen in der Schweiz holt sich zwei ehemalige Schweizer Wirtschaftsgrössen als Verstärkung in den Verwaltungsrat.

Ex-Post-Chefin Susanne Ruoff (62) gilt als Digitalisierung-Expertin. Herbert Bolliger (67) kennt als langjähriger ehemaliger Migros-Chef die Branche bis ins Detail.

Zu den Kunden von Eldora gehören zum Beispiel die ETH in Zürich und Lausanne, die Grossbank Credit Suisse und einige Altersheime.

Auch die Migros sucht nach Alternativen. Aber die Sprecherin des Detailhändlers macht klar: «Ohne gesundes wirtschaftliches Wachstum geht es nicht.»

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Das Coronavirus beschäftigt aktuell die ganze Welt und täglich gibt es neue Entwicklungen. Alle aktuellen Informationen rund ums Thema gibt es im Coronavirus-Ticker.

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