Gesichtsblind in Davos
Steffi Buchli und die Frage «Wer ist wer am WEF?»

Steffi Buchli, Chief Content Officer von Blick, war am WEF in Davos. Zum ersten Mal. Eine Herausforderung sondergleichen.
Publiziert: 13:24 Uhr
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Aktualisiert: 15:08 Uhr
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Steffi Buchli, Chief Content Officer von Blick, besucht das WEF zum ersten Mal.
Foto: Steffi Buchli

Auf einen Blick

  • Journalistin kämpft mit Gesichtserkennung beim WEF in Davos
  • Prominente wie Scholz und Selenski leicht erkennbar, andere verwechselt
  • Vier Tage lang trifft die Autorin zahlreiche VIPs und Politiker
Die künstliche Intelligenz von Blick lernt noch und macht vielleicht Fehler.
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Steffi BuchliChief Content Officer Blick

Alle wichtig, alle gross. Sollte ich hier nicht schon die ersten Superstars erkennen, frage ich mich am Dienstagmorgen im vollgepackten Zug von Landquart nach Davos. Sie müssen wissen: Ich kann mir Gesichter nicht merken. Menschenaufläufe im Stil des WEF bedeuten für mich Superstress.

Aussenministerin oder Primarlehrerin?

Wer war das noch mal? Ich würde es schaffen, die Aussenministerin von Schweden mit der Primarlehrerin meiner Nichte zu verwechseln. Nur, weil beide an derselben Stelle einen Leberfleck haben. Es ist ein Drama.

Nach der Ankunft lasse ich mich in der Karawane der Neuankömmlinge Richtung Akkreditierung spülen, um meinen Badge in Empfang zu nehmen. Die Ausgabe der Ausweise ist im Eishockeystadion, das lange meine journalistische Heimat war. Hier würde ich den Materialwart erkennen, nützt jetzt leider auch nichts. Der wurde ausquartiert. Ich starte also bei null. Kein Heimvorteil. Erstes WEF, hohe Erwartungen. An meine Augen und meinen Geist.

Chef souverän erkannt – gilt nicht!

Ich mache mich auf ins Kongresszentrum, der Puls geht höher. Auf dem Weg treffe ich einen Arbeitskollegen und meinen Chef, die ich beide souverän erkenne. Ok, gilt nicht. Dann aber: Ta-daaah! Der Nationalbank-Präsident, Martin Schlegel. Volltreffer zum Start. Grüezi, Smalltalk, Smalltalk, Smalltalk, Adieu. So schlimm wird das nicht werden.

Scholz und Selenski sind leichtes Spiel. Bei ein paar anderen habe ich unauffällig bei meiner Sitznachbarin nachgefragt oder verstohlen auf das Namensschildchen geschielt. Für mich sind die Schilder überlebenswichtig: Bitte mindestens Schriftgrösse 22 und gut sichtbar getragen.

Andere Menschen haben auch Probleme

Am Mittwoch dann läuft es wie geschmiert: Bundesrätinnen, Bundesräte, Blackrock-Boss, FIS-Präsident, Ex-US-Aussenminister. Pämm, pämm, pämm. Ich fühle mich im Flow. Ich, gesichtsblind? Von wegen. Ein Bundesratssprecher nennt mich Sandra. Es tut gut zu merken, dass andere Menschen auch Probleme haben. Dann aber, Unsicherheit: Ist das Javier Milei, der argentinische Staatspräsident? Der kommt doch erst morgen?

Ich gehe näher. Hä, warum spricht der Mann Französisch? Ok. Fehlanzeige. So was von. Für mich war er ein Doppelgänger, für andere Menschen wars eher so «ja, hätt echli öppis». Ein Einfädler im fulminanten Ritt durchs Getümmel. Jetzt nur nicht aus der Ruhe kommen. Der Mittwoch verläuft ansonsten fast pannenfrei. Sorry an den Schweizer Berufskollegen, den ich in Englisch gefragt habe, ob hier noch frei sei.

Personenschützerin auf der Toilette

Folgt am Donnerstag das Schlussfurioso oder der Ermüdungseinbruch? Bertrand Piccard (obschon er läuft, nicht fliegt), Roger Köppel (auf den Fersen von Milei, dem Echten), Ursula von der Leyen (kleiner, als man denkt), Bakom-Präsident Maissen (wirkt müde) – läuft bei mir. Nur beim deutschen Wirtschaftsminister Robert Habeck meine ich kurz, meinen Tennislehrer gesehen zu haben.

Am Abend ein letzter Showdown auf der Frauentoilette. Ich fühle mich wie bei «Wer wird Millionär?». Spannung liegt in der Luft. «Kann sie es mit den Gesichtern oder nicht?», fragt Günther Jauch in meinem Kopf herausfordernd. Ich habe eine Personenschützerin mit Knopf im Ohr erspäht. Hochkonzentriert blickt sie in alle Richtungen. Ich scanne alle Gesichter der wartenden Frauen: Staatspräsidentin? Super-CEO? Prinzessin? Oder ist doch die Unscheinbare da drüben das zu beschützende Subjekt?

Es stellt sich heraus, dass die Sicherheitsfrau wohl so streng dreinblickte, weil sie seit Stunden musste. Kein VIP weit und breit, nur ein menschliches Bedürfnis. Was bleibt von diesem WEF? Es braucht Mut zur Lücke. Und ein gut gemeinter Tipp stimmte fast immer: «Wenn beim WEF einer so aussieht wie jemand, ist er es meist.» Grüsse an Monsieur Milei vom Catering. 

Steffi Buchli fühlt sich gesichtsblind, offiziell diagnostiziert ist das nicht. Worum gehts? Der Fachbegriff heisst Prosopagnosie und bezeichnet die Unfähigkeit, Personen allein anhand des Gesichts zu erkennen. Für Menschen mit dieser Wahrnehmungsstörung sehen alle Gesichter gleich aus.

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