Geht es um den Kundenservice, greifen Firmen zu allerlei Erkenntnissen aus der Wirtschaftspsychologie – einer Wissenschaft für sich. Der Gedanke dahinter: Sind die Kundinnen und Kunden wirklich zufrieden mit der gebotenen Beratung oder der unkomplizierten Hotline-Betreuung, kaufen sie wieder ein.
Doch eine hohe Kundenzufriedenheit ist nicht eindimensional, wie Dorothea Schaffner (50) weiss. «Gäste sind unzufrieden, wenn ein Hotelzimmer dreckig ist. Bei einem sauberen Zimmer sind sie aber nicht automatisch glücklich. Denn das erwarten sie ja», sagt die Professorin für Wirtschaftspsychologie an der Hochschule für Angewandte Psychologie (FHNW).
Oft steigt die Zufriedenheit, je besser die Leistung ist: Ein schnellerer Prozessor im Laptop oder eine höhere Motorleistung macht Käufer happy. «Und dann gibt es noch Faktoren, mit denen man die Kundinnen und Kunden positiv überraschen kann», so Schaffner. Beispielsweise, wenn ein Coiffeur die Präferenzen des Kunden oder der Kundin kennt und den passenden Schnitt vorschlägt. Oder wenn ein Unternehmen bei einem Fehler ein kleines Wiedergutmachungsgeschenk aushändigt.
Erwartungen der Kundschaft können sich ändern
Bei den Erwartungen der Kunden können Unternehmen am meisten verlieren oder gewinnen: «Werden diese deutlich übertroffen oder enttäuscht, wird ein solches Erlebnis im Verhältnis zum übrigen Service viel stärker gewichtet», so Schaffner.
Hier gehts zur Auswertung
Was ein Kunde oder eine Kundin erwartet, kann sich im Lauf der Zeit deutlich ändern. Im Wintersport etwa liegt die Messlatte deutlich höher als früher. Skifahrer haben viel höhere Komfortansprüche an die Pistenpräparierung oder wünschen sich beheizte Liftsessel. In anderen Bereichen sind die Erwartungen gesunken: So buchen viele Kunden ihre Ferien heutzutage online auf einem Reiseportal und verzichten auf die Beratung eines Reisebüros. Oder sie scannen ihren Einkauf an der Self-Check-out-Kasse gleich selbst ein.
Emotionen spielen wichtige Rolle
Die Wirtschaftspsychologie zeigt auch, dass Kaufentscheide nicht immer ganz so rational sind, wie man sich das gern einredet. «Emotionen spielen bei den Entscheidungen oft die wichtigere Rolle», erklärt Schaffner. Bei der Wahl der richtigen Pasta oder der Lieblingskaffeesorte dürfe man die Gewohnheit nicht unterschätzen. Andere Käufe seien eher von Impulsen geleitet. Zum Beispiel, wenn man an einem Glacestand vorbeischlendere.
Will ein Unternehmen mit einem hervorragenden Kundenservice punkten, müsse es die Bedürfnisse und Positionen seiner Kundinnen verstehen, so Schaffner. «Das erreicht man, indem man den Kunden zuhört und Feedback einholt.»
Die Kundenservice-Champions bei der Umfrage von Blick und Statista scheinen ihre wirtschaftspsychologischen Hausaufgaben offenbar gut gemacht zu haben und ihre Kundschaft am besten zu verstehen.