Die Geistersiedlungen, über die BLICK in den letzten Monaten berichtet hat, treiben die Schweiz um.
Was auffällt: Die Geistersiedlungen stehen alle im Mittelland. Mellingen AG, Staufen AG, Langenthal BE.
Von den zehn Gemeinden mit der höchsten aktuellen Leerwohnungsziffer im Land stammen acht aus dem Mittelland: Dürrenroth BE (Leerwohnungsziffer bei 14,31 Prozent), Hasle bei Burgdorf BE (12,42%), Walkringen BE (12,41), Huttwil BE (11,61), Pieterlen BE (11,30), Oberbipp BE (11,25), Rümikon AG (11,11) und Herzogenbuchsee BE (11,06).
Immer mehr, immer mehr
Nach Kantonen aufgeschlüsselt, wird dieses Bild bestätigt: Der Kanton Solothurn hat mit 2,89 Prozent die höchste Leerstandsquote, der Aargau (2,34) die dritthöchste. Der grosse Kanton Bern (1,92), der mit dem Oberland auch Gebiete mit tiefer Leerwohnungsziffer umfasst, die neunthöchste.
Die Immobilien-Beratung Iazi hat exklusiv für BLICK eine Analyse erstellt, welche für die nächsten Jahre das Leerstands-Risiko für jede Gemeinde voraussagt. Dabei zeigt sich, dass sich die problematische Situation in Zukunft nicht entspannen dürfte. Denn in Gemeinden wie Staufen AG wird nach wie vor gebaut wie verrückt.
Schimpfe von den Experten
Warum setzen die Investoren auf diese Standorte?
Erstens: Die Lage ist zwar nicht top, aber auch nicht total mies. Viele Mieter pendeln in die grossen Zentren Zürich oder Bern zur Arbeit. Der Arbeitsweg dauert nicht länger als eine Stunde.
Martin Neff (57), Chefökonom der Raiffeisenbank, erklärt auf Anfrage: «Sehr viele wollen in der Stadt wohnen, aber immer weniger können es sich leisten. Darum gibt es einen Ausweicheffekt, erst in die Vorstadt, dann weiter aufs Land hinaus.»
Zweiter Grund: Hier draussen gibt es noch billiges Bauland. Michael Töngi (50), Generalsekretär des Mieterverbands: «In den letzten Jahren entstanden vor allem an Orten mit viel Bauland neue Wohnungen.» Dies ging lange gut: Die Bau-Branche hatte volle Auftragsbücher, die Mittelland-Gemeinden viele Neuzuzüger und damit neues Steuersubstrat, die Immo-Investoren fette Gewinne.
Nur billig zieht hier draussen
Die Ausweitung des Wohnangebots auf dem Land ging aber nur so lange gut, wie auch die Nachfrage stark anstieg. Aber die Immigration in die Schweiz ist in den letzten Jahren deutlich zurückgegangen.
Jetzt, wo das Angebot die Nachfrage übersteigt, haben die Mieter eine viel grössere Auswahl. Klar, dass sie jene Liegenschaften im Mittelland links liegen lassen, welche die mässige Lage nicht mit einem Top-Preis rechtfertigen können.
Und solche teuren Bauten gibt es einige. «Teilweise sind die Bauherren aber auch weltfremd», kritisiert Ansgar Gmür (63), Direktor des Hauseigentümerverbands Schweiz (HEV), Teile der Baubranche. «Sie bauen in eine normale Mittelschichts-Wohnung spezielle Bäder und solchen Schnickschnack ein.»