«Plötzlich brach die Telefonverbindung ab – er war tot»
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Börsen-Legende über 9/11:«Plötzlich brach die Telefonverbindung ab – er war tot»

Wall-Street-Legende Peter Tuchman erinnert sich
«Es war stockdunkel – wir hielten uns alle an den Händen»

Die Wall-Street-Legende Peter Tuchman ist dem 9/11-Terror nur um drei Strassen entkommen. Im Gespräch mit Blick erinnert er sich am 20. Jahrestag der Anschläge zurück an die schlimmsten Stunden in seiner langen Karriere.
Publiziert: 11.09.2021 um 16:04 Uhr
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Aktualisiert: 11.09.2021 um 17:21 Uhr
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Peter Tuchman arbeitet seit 36 Jahren an der New Yorker Börse.
Foto: Getty Images
Nicola Imfeld

New York, 11. September 2001, 8.45 Uhr Ortszeit: Das erste entführte Flugzeug rast in den nördlichen Turm des World Trade Centers. «Unser Zugwaggon rüttelte für einen kurzen Moment, aber ich wusste nicht, weshalb», erzählt Aktienhändler Peter Tuchman (63), der zu diesem Zeitpunkt in der U-Bahn sass. Wenige Minuten später steigt er in der Nähe der Wall Street aus. «Als ich nach draussen kam, konnte man bereits Asche vom Himmel fallen sehen», erinnert er sich.

Tuchman ist eine Legende an der Wall Street. Seit 36 Jahren arbeitet der Börsen-Guru mit dem Übernamen «Einstein» auf dem Parkett der New Yorker Börse, ist der meistfotografierte Trader der Welt. Der 11. September 2001 bezeichnet er als den schlimmsten Tag in seiner Karriere. «Die Börse blieb geschlossen, wir durften das Gebäude nicht mehr verlassen und waren in einem Lockdown», erinnert sich Tuchman im Gespräch mit Blick.

«Er sagte uns noch, dass er aufs Dach gehen wolle»

Der gebürtige New Yorker muss an diesem Morgen mit den Kollegen an den Bildschirmen zusehen, wie seine Heimat von islamistischen Terroristen attackiert wird. Kurz vor 12 Uhr werden einige Trader, darunter Tuchman, von vier blutverschmierten Polizisten aus dem Gebäude geholt, das nur drei Strassen vom World Trade Center entfernt ist. Tuchman tränkt sein Hemd in Wasser, bindet es um sein Gesicht und betritt die Strasse. «Es war Mittag, aber stockdunkel. Ich konnte meine Hand nicht sehen. Die Aschewolke war einen Meter dick – wie ein Schneesturm», erzählt er. «Wir hielten uns alle an den Händen und überquerten acht Strassen, bis wir den Himmel wieder sehen konnten.»

Tuchman schafft es unversehrt nach Hause. Doch unter den 2751 Opfern der Terror-Anschläge waren auch Aktienhändler, die weniger Glück hatten. Der Vater eines Angestellten von Tuchman war im südlichen Turm des World Trade Centers. «Er sagte uns am Telefon noch, dass er nun aufs Dach gehen wolle, um evakuiert zu werden. Leider brach die Verbindung danach ab und er kam ums Leben, als das Gebäude zusammenstürzte», erzählt Tuchman. «Das war der intensivste Moment dieses schrecklichen Tages. Als mein Freund seinen Vater am Telefon verlor und wusste, dass es vorbei war.»

In der Folge bleibt die Wall Street für vier Handelstage geschlossen. Als Tuchman und Co. wieder an ihren Arbeitsplatz zurückkehren und die Märkte öffnen, stürzen die meisten Aktienkurse ab. Es sollte erst der Anfang der schlimmsten Woche in der Geschichte der New Yorker Börse sein.

Verschwörungstheorien? «Es ist verrückt»

Am 20. Jahrestag der Terror-Attacken kommen die Gefühle bei Tuchman wieder hoch. «Es bringt einen zurück zu dieser Erfahrung. 9/11 hat mich in jeder Hinsicht verändert. Das Trauma und die Realität, dass New York City auf diese Weise angegriffen werden könnte, kann ich nie mehr vergessen», sagt er. Auch die Wall Street habe sich seither verändert. Die Sicherheitsmassnahmen wurden drastisch erhöht. «Vielerorts dürfen keine Autos mehr durchfahren. Wer in die New Yorker Börse gelangen will, muss einen Sicherheitscheck wie am Flughafen machen. Und vor dem Gebäude stehen rund um die Uhr bewaffnete Agenten.»

Von den Verschwörungstheorien rund um 9/11 hält Tuchman nichts. Zur Behauptung, dass Händler wie er in den Tagen vor den Anschlägen auffallend oft auf Kursverluste von Unternehmen wie Fluggesellschaften oder Versicherungen gewettet haben sollen, sagt die Börsen-Legende: «Das ist das Lächerlichste, was ich je gehört habe. Man kann zu allen Ereignissen auf dieser Welt eine Verschwörungstheorie aufstellen. Es ist verrückt.»


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