Vorhersagetests sollen zeigen, wer schwer an Covid erkrankt
Diese Risikogene könnten auch Impfskeptiker überzeugen

Neue Gentests sollen voraussagen können, wer im Falle einer Corona-Infektion eher einen schweren Verlauf erleidet. Sogenannte Risikogene sollen auch zur Entwicklung von Covid-Medikamenten führen.
Publiziert: 02.08.2021 um 03:45 Uhr
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Aktualisiert: 02.08.2021 um 07:13 Uhr
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Trotz Impfungen und breit angelegter Schutzmassnahmen erkranken und sterben Menschen weiterhin am aggressiven Coronavirus.
Foto: Keystone

Das Fachmagazin «Nature» hat am 8. Juli eine bahnbrechende Studie publiziert, die auf 50'000 untersuchten Covid-Fällen basiert. Forscher konnten Gene identifizieren, die für die schwächere Immunabwehr von schwer Erkrankten verantwortlich sind. Demnach entscheiden 13 Genvarianten über einen milden oder schweren Verlauf bei manchen Covid-Patienten. Aufgrund der Forschungsergebnisse werden Vorhersagetests entwickelt, die auch einen Einfluss auf Impfskeptiker haben könnten. Demnach erhöhen einige Gene die Wahrscheinlichkeit für einen Spitalaufenthalt nur leicht. Andere sind mit einem massiv höheren Risiko verbunden. Besonders schlimm und folgenreich scheinen Mutationen auf den Chromosomen 3 und 19.

Es ist eine der grössten je durchgeführten Genetik-Studien mit Daten aus 19 europäischen Ländern. Laut der Wissenschaftler kann die Genetik eines Menschen sein Infektionsrisiko und die Schwere der Krankheitssymptome beeinflussen. Demnach wurden Teile des menschlichen Genoms identifiziert, die das Risiko einer schweren Corona-Erkrankung beeinflussen. Darauf basierende Risikotests können Menschen offenbar auf ihre Verwundbarkeit durch das Virus hinweisen. «Mit Hilfe der Genetik-Studie sind viel gezieltere medikamentöse Behandlungen möglich», zitieren CH-Media-Zeitungen Sven Cichon, Leiter der Medizinischen Genetik am Unispital Basel. «Wenn jemand gleichzeitig vor der Impfung und dem Virus Angst hat, wäre ein Risikotest zukünftig eine Option.» Wer ungeimpft ist und zur genetischen Risikogruppe gehört, würde sich demnach bewusst einem höheren Risiko aussetzen, schwerer an Covid zu erkranken als Nichtträger der Genmutationen.

Die Ergebnisse der Studie sollen auch bei der Entwicklung von Medikamenten helfen. Es gibt nach wie vor noch keine wirksamen Medikamente gegen Coronavirus-Erkrankungen, doch vielversprechende Medikamente sind in Reichweite. Derzeit gebrauchte Arzneimittel wirken je nach Patient unterschiedlich. Laut der Studie hängt der Erfolg einer Therapie offenbar auch davon ab, welche Mutation in der DNA des Patienten vorliegt. Das soll Ärzten in Zukunft helfen, Patienten aufgrund ihrer Genetik mit einer ganzen Palette von Medikamenten zu behandeln.

Erste Tests bereits entwickelt

Demnach wurde ein erster Covid-Risiko-Screeningtest in Indien entwickelt. Mehrere westliche Firmen haben mittlerweile eigene solche Tests herausgebracht. Für Kosten von umgerechnet rund 180 Franken bietet Genetic Technologies aus Australien seit Juni einen Test mit Prognose an.

Genbasierte Tests sind bereits für eine Reihe von Erbkrankheiten gebräuchlich, darunter für Krebs. Genbasierte Covid-Risikotests könnten auch die Prioritäten bei der Behandlung der neuartigen Lungenseuche revolutionieren, wobei diese Technologie der nächsten Generation unter Fachleuten auch umstritten ist. Zwischen Bevölkerungsgruppen und Ethnien rund um den Erdball herrschen grosse genetische Unterschiede, was auch die Relevanz von sogenannten Risikogenen für die Allgemeinheit infrage stellt, solange keine allumfassenden Daten vorliegen.

Eine Wunderwaffe im Kampf gegen die Pandemie sind Risikogen-Tests daher nicht. Doch auf den individuellen Patienten zugeschnittene Medizin ist immer mehr verbreitet. Bestätigen Studien die Ergebnisse der im Juli publizierten Forschung, können Covid-Schutz und -Prävention weiter verbessert werden. (kes)

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