Von Hostingfirma kaltgestellt wegen 16 Franken
St. Galler Gemeinde Goldach war eine Woche lang offline

Wegen einer unbezahlten Rechnung wurde die Website der Gemeinde Goldach SG vom Netz genommen. Die Gemeindebehörden waren zudem tagelang nur noch telefonisch erreichbar. Der Gemeindepräsident empört sich über die Hosting-Firma. Diese weist die Vorwürfe zurück.
Publiziert: 06.01.2023 um 16:01 Uhr
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Aktualisiert: 07.01.2023 um 05:31 Uhr
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Die Gemeinde Goldach war über eine Woche lang nicht mehr erreichbar.
Foto: Screenshot Google Maps
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Jean-Claude RaemyRedaktor Wirtschaft

«Die Website ist nicht erreichbar»: In Goldach SG am Bodensee konnten die fast 10'000 Einwohnerinnen und Einwohner seit dem 30. Dezember 2022 bis zum späten Morgen des 6. Januar 2023 nicht auf die Website der Gemeinde zugreifen. Wer behördliche Dienstleistungen in Anspruch nehmen wollte oder Informationen über Schule, Kulturleben und mehr suchte, musste sich telefonisch an die Gemeinde wenden – per Mail ging die Kontaktnahme nämlich auch nicht. Dies, weil die gesamte Domain der Gemeinde Goldach deaktiviert war, wie das «Tagblatt» meldete.

Gemeindepräsident Dominik Gemperli (51) erklärt gegenüber Blick, dass eine Rechnung über 16 Franken für das Domain-Hosting 2023 nicht bezahlt worden ist. Die Rechnung sei an eine nicht mehr tätige Person mit inaktiver Adresse gegangen. Deshalb wurde die Domain «ohne Vorwarnung» abgeschaltet.

Obwohl die Rechnung nach Abschaltung der Domain umgehend bezahlt wurde, war die Website zum Zeitpunkt des Gesprächs von Gemperli mit dem Blick immer noch offline. Eine Zusicherung von Swizzonic, wonach die Aufschaltung innert drei Tagen erfolgen werde, erwies sich als unzutreffend.

«Das entbehrt jeglicher Verhältnismässigkeit», empörte sich Gemperli. Die Gemeinde Goldach ist seit Jahren Kunde von Swizzonic, einer Nachfolgegesellschaft des früheren Domain-Monopolisten Switch. Doch nun sei der Provider-Wechsel in Goldach bereits beschlossene Sache. Obwohl die Website inzwischen wieder aktiv ist.

Gemperli ist darüber erleichtert, nennt die Zustände trotzdem «nicht haltbar» und gar «kafkaesk». Den Rechtsweg will er nicht beschreiten, hält aber fest: «Unsere Mitarbeitenden erhielten unter anderem Whatsapp-Nachrichten, in denen man sich über unsere Situation lustig machte. Das war belastend.»

Swizzonic weist die Schuld von sich

Gegenüber Blick führt Swizzonic-Verkaufsdirektor Ruben Pandolfi (46) aus, dass die Firma die Deaktivierung von Domänennamen definitiv vermeiden wolle. Der Fehler liege aber bei der Gemeinde Goldach: Diese habe es versäumt, ihre Daten auf dem neusten Stand zu halten, um alle Mitteilungen zu erhalten und Serviceunterbrechungen zu vermeiden. Rechnungen versende Swizzonic frühzeitig, ebenso wie Zahlungserinnerungen. Darauf sei nicht reagiert worden. Auf der Website sei zudem stets einsehbar, wann ein Vertrag abläuft, und Kundendaten lassen sich direkt aktualisieren. Ebenso liesse sich eine automatische Zahlungsverlängerung einrichten.

Gemperli sagt, dass eine Kontaktnahme mit Swizzonic nur über eine hinterlegte Telefonnummer möglich war, die es gar nicht mehr gebe. Pandolfi begründet die geschützte Nummer damit, dass gewisse Informationen nur offengelegt werden, wenn der Kunde eindeutig identifiziert wurde.

Und warum dauerte die Wiederaufschaltung so lange? Pandolfi erklärt, dass die Reaktivierung des Domain-Namens direkt vom Swizzonic-Kontrollpanel aus durchgeführt werden kann. Nach Bezahlung der Rechnung dauere dies maximal 24 Stunden. «Wir haben den Verlängerungsauftrag von Goldach nicht über dieses automatische Verfahren erhalten, sondern durch Kontaktaufnahme mit dem Kundendienst», führt Pandolfi aus. Da es sich um einen menschlichen Prozess handelt, dauere dies länger. «Die Ferienzeit war dabei nicht hilfreich», schliesst Pandolfi.

Viel Technik, wenig Mensch

Ein klassischer Fall: Der Anbieter gibt dem Kunden Zugang zu technischen Mitteln, um diverse Prozessschritte selber auszuführen. So wie beispielsweise Flugpassagiere heute selber einchecken können, statt dies von einer Person erledigen zu lassen. Ist trotzdem menschliche Interaktion nötig, zeigen sich oft schnell Dienstleistungsgrenzen.

Gemperli klagt über «unbrauchbare und unfreundliche» telefonische Antworten auf seine Anfragen. In Onlinekommentaren wird Swizzonic – bei weitem nicht als einzige Firma – verschiedentlich für ihr Serviceniveau kritisiert. Erst vor einer Woche war Swizzonic in die Schlagzeilen geraten, als die Domain der liechtensteinischen Zeitung «Volksblatt» plötzlich deaktiviert war. Offenbar hatte ein technischer Defekt bei Swizzonic gleich mehrere Domains verschiedener Kunden auslaufen lassen. Fehler passieren. Schwerer wog, dass Swizzonic offenbar hierzu nicht erreichbar war.

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