Der Zürcher Rudolf Müller (66) gehört zu aktuell rund 3100 Schweizerinnen und Schweizern, die nach Serbien ausgewandert sind. In die Stadt Valjevo, rund 100 Kilometer südwestlich der Hauptstadt Belgrad, zog es den Rentner aufgrund der Liebe. Doch auch die Gastfreundschaft und die tiefen Immobilienpreise haben es Müller angetan. Serbien galt bisher nicht als Auswanderer-Hotspot doch die Zahl der Schweizer im Land steigt steil an. Blick präsentiert Zahlen und Fakten zur Wahlheimat von immer mehr Schweizerinnen und Schweizern.
Binnenland mit zahlreichen Naturschätzen
Wie die Schweiz ist Serbien ein Binnenland. Ferien am Strand sind also im Unterschied zu anderen Balkan-Hotspots wie etwa Kroatien oder Albanien nicht möglich. Dafür lassen sich in den fünf Nationalparks, 20 Naturparks und rund 590 Naturschutzgebieten zahlreiche Sehenswürdigkeiten bewundern. Platz dafür hat es genug: Während das Land zwar rund doppelt so gross ist wie die Schweiz, leben nur 6,9 Millionen Menschen in Serbien. Knapp ein Viertel davon in der Hauptstadt Belgrad.
Serbisch ist Landessprache, aber ...
Gemäss der serbischen Regierung gilt Serbisch als offizielle Landessprache – und zwar in kyrillischer Schrift. Dennoch wird sie vielerorts im lateinischen Alphabet geschrieben. Die Sprache basiert auf demselben Dialekt wie die Landessprachen der Nachbarländer Bosnien und Kroatien.
In gewissen Provinzen gelten auch andere Amtssprachen, wie etwa Ungarisch oder Slowakisch. Im Süden, an der Grenze zu Kosovo, wird oft auch Albanisch gesprochen.
Vom Grossreich zur Republik
Bis zur heutigen Republik Serbien war es ein weiter Weg. Serbien war Fürstentum, Balkan-Grossreich und lange auch Teil des Osmanischen Reiches. Im Zweiten Weltkrieg besetzte Nazi-Deutschland den Staat, bevor er 1945 eine Teilrepublik Jugoslawiens wurde.
In den 1990er-Jahren brach das Reich mit dem Jugoslawienkrieg auseinander. Anschliessend war Serbien bis 2006 in einer Staatenunion mit Montenegro. Seit dem Austritt Montenegros ist Serbien wieder eine unabhängige Republik.
Grosses Kulturerbe
Durch die Irrungen und Wirrungen seiner Geschichte beherbergt Serbien zahlreiche kulturelle Schätze, darunter das zum Unesco-Weltkulturerbe gehörende mittelalterliche Kloster Studenica und die Festung Golubac an der Donau.
Ersteres zeugt wie viele weitere Kirchen und Klöster von der tief verwurzelten religiösen Geschichte Serbiens. Über 80 Prozent der Bevölkerung sind serbisch-orthodoxe Christen.
Rechtskonservativer Russland-Freund
Die Regierung Serbiens besteht aus einem Einkammerparlament als Legislative und einem Premierminister in der Exekutive. Seit 2012 hat die rechtskonservative Fortschrittspartei die Mehrheit. Alle fünf Jahre wählt das Volk zudem ein Staatsoberhaupt. Seit 2017 ist dies Aleksander Vucic (53). Dieses Wochenende stehen Wahlen an.
Serbien gilt als der grosse Verbündete von Russland und Präsident Wladimir Putin (71) in Europa. Obwohl das Land bestrebt ist, der EU beizutreten, weigert sich Präsident Vucic, Sanktionen gegen Russland zu verhängen. Im Austausch fungiert Moskau weiterhin als Serbiens wichtigster Verbündeter im Kampf gegen die Unabhängigkeit seiner ehemaligen Provinz Kosovo.
Billigland mit stotternder Wirtschaft
Die serbische Wirtschaft wächst zwar, doch es gibt zahlreiche Baustellen. 2022 lag die Arbeitslosenquote bei 9,4 Prozent. Die Jugendarbeitslosigkeit liegt noch wesentlich höher. Zudem ist die Zahl der Rentner in Serbien fast so hoch wie die der Arbeitnehmer, was das Rentensystem stark belastet. Das durchschnittliche Monatseinkommen in Serbien betrug 2022 knapp 840 Franken brutto.
Die Lebenshaltungskosten sind etwa zwei Drittel tiefer als in der Schweiz. Die Mieten sind bloss ein Viertel so hoch wie hierzulande. Auch im Währungskurs spiegelt sich das wider: Ein Schweizer Franken entspricht umgerechnet rund 122 Serbischen Dinar.
Sportliebhaber
Die Serben sind sportverrückt. Besonders beliebt sind Basketball, Fussball und Tennis. Während im Fussball die grossen Erfolge fehlen, wurde die Basketball-Nationalmannschaft bereits zweimal Weltmeister und holte dieses Jahr zum zweiten Mal Silber. Der mit Abstand bekannteste Sportler – und wohl auch allgemein die bekannteste serbische Persönlichkeit – kommt aber aus dem Tennis: Es ist die Weltnummer eins Novak Djokovic (36).
Serbische Küche mit griechischen und türkischen Einflüssen
Genauso wie die restlichen Kulturschätze weist die serbische Küche sowohl slawische als auch osmanische Einflüsse auf. Zu den bekanntesten Gerichten gehören etwa die traditionellen Hackfleischröllchen Cevapcici, die Paprika-Walnuss-Paste Ajvar oder die gefüllten Teigrollen Burek. Auch Pita-Fladenbrot, Moussaka oder die Süssspeise Baklava gehören zur serbischen Kulinarik.