Vom Trend zum Aussterben
Niemand will unverpacktes Essen – kleine Lädeli sind am Ende

Unverpackte Lebensmittel wurden während der Pandemie zum Trend. Heute will sie kaum mehr jemand. Auch die Thunerin Natalie Jacot musste ihren Unverpacktladen Ohni schliessen.
Publiziert: 18.12.2024 um 20:10 Uhr
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Aktualisiert: 19.12.2024 um 15:20 Uhr
Während der Corona-Pandemie boomten unverpackte Lebensmittel.
Foto: Coop

Auf einen Blick

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Caroline Freigang
Beobachter

Die Corona-Pandemie brachte unerwartet Trends mit sich, die zu schön schienen, um wahr zu sein. Ferien im Umland, Flugscham, selbstgekochtes Essen, Einkäufe im Hoflädeli, unverpackte Lebensmittel.

Lädeli mit Unverpacktangeboten boomten. Die Leute hatten plötzlich Zeit, zu kochen und bewusst einzukaufen. «Alle backten Brot, die Trockenhefe war praktisch immer ausverkauft», sagte Natalie Jacot, Besitzerin des Thuner Unverpacktladens Ohni, 2022 zum Beobachter

Heute ist das «Ohni» zu. Im März dieses Jahres schloss das Unverpacktlädeli seine Türen. Der Grund: Die Kundschaft blieb aus.

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Seit dem Sommer 2022 sei diese um 40 Prozent zurückgegangen, sagt Jacot, die auch im Vorstand des Unverpacktverbands ist. Schon 2022, als der Beobachter Jacot in ihrem Lädeli besuchte, waren die Umsätze im Vergleich zu den Jahren davor eingebrochen. 

Es wird weniger gekocht

«Die Tatsache, dass die Leute hier in Thun den kürzesten Einkaufsweg von zu Hause wählen, denken, dass wir teuer sind, immer weniger selber kochen und lieber Convenience-Food kaufen, macht uns das Leben schwer», erklärt sie sich das Ende ihres Lädelis.

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Natalie Jacot musste ihr Unverpacktlädeli in Thun schliessen.
Foto: Dres Hubacher

Der Trend spiegelt sich schweizweit wider: Von rund 60 Lädeli im Jahr 2022 gibt es heute noch rund 45. Nachrichten von Lädeli, die schliessen müssen, häufen sich aus allen Kantonen. 

«Gesellschaft ist noch nicht so weit»

Natalie Jacot glaubt nach wie vor an die Idee. Aber: «Die Gesellschaft ist noch nicht so weit und die Zeit dafür nicht reif.» Die Lebensmittel in Unverpacktläden müssten meist selbst zubereitet werden und seien weniger verarbeitet, sagt Jacot.

Ausserdem nähmen sich viele die Zeit nicht, sich vorzubereiten und dann mit den eigenen Gefässen einkaufen zu gehen. Hinzu kommen grössere Faktoren, die Einfluss auf unser Konsumverhalten haben: Inflation, Konflikte, Zeitmangel. 

Migros: Nachfrage hinter Erwartungen

Auch die Grossverteiler sprangen während der Pandemie dankbar auf den Trend auf. Sowohl Migros als auch Coop bauten ihr unverpacktes Sortiment aus. Heute ist die Euphorie verflogen.

Die Migros bietet unverpackte Lebensmittel zwar noch in 50 Standorten an. Insgesamt sei die Nachfrage nach unverpackten Produkten seit dem Projektstart 2020 aber kontinuierlich zurückgegangen und hinter den Erwartungen geblieben, teilt eine Sprecherin mit.

Bei Coop tönt es auf Anfrage des Beobachters nicht ganz so negativ. Dort heisst es immerhin, die Nachfrage sei in den letzten Jahren «grundsätzlich konstant» verlaufen. Das Angebot sei «stabil geblieben». 

Kooperative mit Hardcore-Fans

Natalie Jacot in Thun konzentriert sich jetzt auf ihr Catering-Business und hat eine neue Food-Kooperative und ein Selbstbedienungslager gegründet. Bei der Food-Kooperative könnte die Hardcore-Stammkundschaft von rund 60 Personen qualitativ hochwertige Produkte zum Einkaufspreis einkaufen. 

Daran verdiene sie kaum etwas. Das gut laufende Catering-Business erlaube ihr aber, eine solche Community zu fördern. Denn man bestelle ohnehin bei ausgewählten Lieferanten und könne die Logistik ökologischer gestalten als bei Grossanbietern.

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