«Endlich komme ich aus der Mühle der Arbeitslosigkeit heraus», erzählt Volker Joh freudestrahlend. Nach monatelanger Suche und Dutzenden – wenn nicht Hunderten – Absagen, hat der 60-Jährige einen neuen Job gefunden.
Im Oktober hatte Joh den Mut gefasst und im Blick von seiner Arbeitslosigkeit erzählt. Denn während die Arbeitgeber über den Fachkräftemangel klagen, sind gemäss offiziellen Zahlen 441'000 Menschen in der Schweiz arbeitslos oder unterbeschäftigt. Dazu gehören unter anderem ältere Arbeitnehmende wie Volker Joh, die in den Augen vieler Arbeitgeber zum alten Eisen gehören und bei der Bewerbung aussortiert werden.
Ü50er im Arbeitsmarkt
Sogar in der Gastro werden Ü50er verschmäht
Besonders stossend: Volker Joh ist gelernter Koch und Kellner. Gerade aus der Gastronomie sind regelmässig Klagerufe über den Personalmangel zu vernehmen.
Nun allerdings zahlt sich sein Mut aus. Nach dem Blick-Bericht klingelte es an Johs Haustür in Möhlin AG. Da standen die Gebrüder Marti, Wirte des Hotelrestaurants Schiff in der Nähe – und boten Joh einen Job an.
Anfang Januar tritt er seine neue Stelle an. Nach Jahrzehnten im Aussendienst ist es für Joh eine Rückkehr zu seinen beruflichen Anfängen. «Ich freue mich, wieder meiner Leidenschaft frönen zu können.»
Gäste sind anspruchsvoller geworden
Doch in der Küche hat sich einiges verändert. Nicht nur mit Blick auf die technischen Hilfsmittel, etwa Induktionsherde und Steamer. Sondern auch mit Blick auf die Gäste. «Mit der Globalisierung kriegt man heute Lebensmittel aus der ganzen Welt und kann vielseitiger kochen», freut sich Joh. «Die Gäste sind aber auch anspruchsvoller geworden.» Sonderwünsche wie veganes oder glutenfreies Essen gehören heute zum Alltag.
Trotz aller Freude über den neuen Job: Ein Wunschkonzert war die Stellensuche für den 60-Jährigen ganz bestimmt nicht. «Als Koch im hektischen Küchenbetrieb muss ich meine Komfortzone verlassen – aber das will ich unbedingt!» Hauptsache, finanziell wieder auf eigenen Beinen stehen und nicht mehr auf Arbeitslosengeld angewiesen sein. Mit jedem weiteren Monat auf dem Arbeitsmarkt wuchsen Johs Existenzängste. «Was, wenn ich mit 62 ausgesteuert worden wäre? Da steht man vor einem Scherbenhaufen.»
Zimmerstunde und Wochenendeinsätze
Nun könne er nochmal fünf Jahre bis zur Pension «durchziehen», erzählt Joh. «Im Aussendienst wurde ich immer an Zahlen gemessen und habe viel Zeit alleine im Auto verbracht», erinnert er sich. Als Koch stehe nun wieder das Qualitative im Vordergrund.
Dass zum neuen Job auch Wochenend- und Abendeinsätze gehören, mache ihm nichts aus. Sein neuer Arbeitsort liegt gerade einmal fünf Minuten mit dem Velo von seinem Zuhause entfernt – die Zimmerstunde (die Pause zwischen der Arbeit am Mittag und Abend) kann er daheim verbringen. Seine Frau und sein Sohn arbeiten ebenfalls in der Gastronomie, die Familie ist es gewohnt, mit unregelmässigen Arbeitszeiten umzugehen.
Und für Volker Joh ist der Neubeginn als Koch im Restaurant Schiff nicht nur eine Rückkehr zu den beruflichen, sondern auch zu den familiären Anfängen: «Meine Frau und ich haben vor 23 Jahren in diesem Restaurant unsere Hochzeit gefeiert.» Nun feiert er die Rückkehr in den Arbeitsmarkt.