Am Arbeitsplatz soll gearbeitet werden. Das ist auch während der WM in Katar so. Am Donnerstag um 11 Uhr bestreitet die Schweiz ihr erstes Spiel an diesem Turnier. Das wollen sich viele Schweizer nicht entgehen lassen. Doch während der Arbeitszeit WM schauen, das ist nicht überall erlaubt.
Denn Fussballmatches schauen gilt als Freizeitbeschäftigung. Das sieht auch der Arbeitgeberverband so. Trotzdem sollen die Arbeitgeber Verständnis für ihre Mitarbeiter haben. Andy Müller, Sprecher des Arbeitgeberverbands, meint: «Der Arbeitgeber ist grundsätzlich nicht verpflichtet, für solche Aktivitäten freizugeben. Erfahrungsgemäss kommen die Betriebe ihren Mitarbeitenden aber weit entgegen.»
«Jeder Betrieb soll selbst entscheiden»
Der Arbeitgeberverband appelliert an die Kulanz seiner Mitglieder: «Jeder Betrieb soll für sich entscheiden, wie man sich organisieren kann, damit möglichst viele Mitarbeitende die Spiele schauen können. Aber das, ohne wichtige Betriebsabläufe einschränken zu müssen.» Deshalb lohne es sich für die Mitarbeitenden frühzeitig, mit dem Vorgesetzten die Präsenzzeiten während der Spiele zu besprechen.
Hans-Ulrich Bigler (64), Direktor des Gewerbeverbands Schweiz, sieht das Fussballschauen relativ locker: «Es gibt keine Regeln, und das ist auch gut so. Jede Unternehmung soll das individuell handhaben.» Der Gewerbeverband erwartet deshalb keine grossen Diskussionen oder Schwierigkeiten rund ums Thema Fussball.
Swisscom setzt auf Eigenverantwortung der Mitarbeitenden
Grundsätzlich sehen die Schweizer Firmen das Mitfiebern am Laptop oder über das Handy entspannt. Raiffeisen und Credit Suisse verweisen darauf, dass man sich vorher mit dem Vorgesetzten absprechen soll. Beide Banken sehen aber kein Problem darin, die WM während der Arbeitszeit mitzuverfolgen, solange die Betreuung der Kunden und die Arbeitsqualität nicht darunter leiden.
Die Swisscom setzt auf Eigenverantwortung: «Viele Mitarbeitende profitieren von flexiblen Arbeitszeiten, dadurch lassen sich private Interessen mit den beruflichen Anforderungen besser vereinbaren.» Das heisst, das Spiel zu schauen, geht nicht auf Arbeitszeit, sondern gilt als Freizeitbeschäftigung. Ähnlich klingt es auch bei der Post.
Die Zeit muss kompensiert werden
Für die Migros und die SBB sind die Herausforderungen grösser. Beide Firmen verfügen über Mitarbeiter, die nicht in einem Büro arbeiten und darum weniger die Möglichkeit haben, die WM live mitzuverfolgen.
Luana Quinter, Sprecherin der SBB, sagt: «Lokführer, das Zugpersonal, Gleisbauer, Zugverkehrsleitende und weitere werden sich wie immer voll auf ihre Arbeit konzentrieren. Nur ein vergleichsweise geringer Teil der Mitarbeitenden kann sich die Zeit selber einteilen, diese müssten die entsprechende Zeit einfach kompensieren.»
Public Viewing im Hauptsitz
Auch die Amag beschäftigt viele Mitarbeiter, die nicht ausschliesslich im Büro arbeiten. So etwa Mechaniker oder Aussendienstmitarbeiter. Eine Einheitslösung gibt es nicht, aber viel Verständnis für Fussballbegeisterte.
Amag-Sprecher Dino Graf meint: «Da, wo es die Prozesse erlauben, organisieren wir Public Viewings an den Standorten. Zum Beispiel an unserem Hauptsitz.» Andere könnten dank des Jahresarbeitszeitmodells ihre Zeit für Fussball und Arbeit selbst einteilen.