Der Kopf schmerzt, auf dem Nachhauseweg eilen Sie darum in die Apotheke, um Aspirin zu kaufen. Daheim wollen Sie die neue Packung in der Hausapotheke verstauen und merken: Da liegt noch eine halb volle Schachtel.
Oder aber: Sie sitzen bei der Hausärztin. Die verschreibt Ihnen ein Medikament. Sie sollen insgesamt 10 Pillen einnehmen – in der Packung sind aber 30. So oder ähnlich füllt sich der Medikamentenschrank über die Jahre. Beim Frühlingsputz oder beim nächsten Umzug folgt dann der Kahlschlag: Abgelaufene Medikamente landen im Müll.
Das ist ein Beitrag aus dem «Beobachter». Das Magazin berichtet ohne Scheuklappen – und hilft Ihnen, Zeit, Geld und Nerven zu sparen.
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Und das nicht zu knapp. Bereits für das Jahr 2018 hat der Blick anhand der Statistik über Sonderabfälle und mit einer Schätzung der Privatabfälle errechnet, dass jedes Jahr etwa 1400 Tonnen Medikamente im Abfall landen. Gesamtwert: rund eine Milliarde Franken.
Was heisst «Verfallsdatum» bei Medikamenten?
Schon lange wird die Frage diskutiert, wer daran schuld ist – und wie sich die Situation verbessern lässt.
Ein wichtiger Faktor ist die Haltbarkeit der Medikamente. Hersteller müssen laut Bundesgesetz über Arzneimittel und Medizinprodukte im Zulassungsgesuch die Haltbarkeit angeben. Gemäss den Pharmafirmen beruht diese unter anderem auf Stabilitätsstudien, durchgeführt unter kontrollierten Bedingungen.
Konkret bedeutet das: Das Verfallsdatum gibt nicht an, wann Medikamente verderben, sondern wie lange der Hersteller garantiert, dass das Mittel zu 100 Prozent wirksam ist.
Die Lagerung beeinflusst das Verfallsdatum
Die meisten Medikamente könne man bedenkenlos über das Verfallsdatum hinaus einnehmen, sagte der Wiler Arzt Etzel Gysling in einem früheren Bericht im Beobachter. Und auch verschiedene Studien deuten darauf hin, dass Medikamente über das gedruckte Verfallsdatum hinaus wirksam sind.
Eine der umfassendsten Untersuchungen zu diesem Thema startete 1986 in den USA. Im Rahmen des «Shelf Life Extension Program» wurden über Jahre hinweg diverse Chargen von mehr als 100 Medikamenten analysiert.
Das Resultat: Knapp 90 Prozent der untersuchten Arzneimittel waren auch fünf Jahre nach dem Verfallsdatum noch sicher und wirksam.
Das Problem – und darauf weist auch die «Shelf Life»-Untersuchung hin – ist jedoch: Die Arzneimittelprodukte sind nur dann lange haltbar, wenn sie ordnungsgemäss gelagert werden. Und selbst dann müssen sie regelmässig auf Qualität geprüft werden.
Genau das sei die Krux, erklärt Carla Meyer Massetti, Fachapothekerin für Spitalpharmazie und Assistenzprofessorin am Institut für Hausarztmedizin an der Uni Bern. «Häufig werden Medikamente und Arzneimittel zu Hause nicht optimal gelagert. Oder bringen Sie Ihre Hausapotheke an heissen Sommertagen in den gekühlten Keller, damit die maximale Lagerungstemperatur nicht überschritten wird?»
Daran erkennt man abgelaufene Medikamente
Wenn man ein Arzneimittel aus dem Schrank holt, sollte man deshalb nicht ausschliesslich das Verfallsdatum prüfen. «Achten Sie auf ungewöhnliche Veränderungen: Verfärbungen, dunkle Flecke oder Risse bei Tabletten, Kapseln und Dragees sind Alarmsignale. Wenn klare Flüssigkeiten plötzlich trüb sind oder Ausflockungen oder einen Bodensatz haben, sollten Sie vorsichtig sein», warnt die Expertin.
Auch bei Zäpfchen gilt: Glitzernde Auflagerungen sind kein gutes Zeichen. Und wenn Salben oder Cremen ranzig riechen, verfärbt, vertrocknet oder verflüssigt erscheinen, ist es höchste Zeit, sie zu entsorgen.
Bei abgelaufenen Medikamenten drohen Infektionen
Im schlimmsten Fall hat das Medikament nämlich nicht nur seine Wirksamkeit verloren, sondern kann sogar zu gesundheitlichen Schäden führen. Antibiotika sind besonders heikel. Wenn sie nicht richtig aufbewahrt werden, können sich gefährliche Resistenzen bilden.
Aus verdorbener Salbe auf einer Wunde kann sich ein Infekt entwickeln. Auch abgelaufene Augentropfen können zu unschönen Entzündungen führen, weiss die Fachapothekerin.
«In den allermeisten Fällen sieht oder riecht man allerdings nicht, ob sich Wirkstoffe verändert oder abgebaut haben. Darum gilt: Entsorgen Sie Medikamente nach dem Verfallsdatum», sagt Carla Meyer Massetti.