Verdienen Schweizer CEOs bald auch so viel?
Diese Männer kassieren 891 Mio Dollar

Amerikanische CEOs verdienen immer mehr. Löhne oberhalb von 50 Millionen Dollar sind keine Seltenheit – dies hängt vor allem mit grosszügigen Aktienpaketen zusammen.
Publiziert: 29.05.2022 um 01:00 Uhr
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Severin Schwan, CEO von Roche, ist der bestbezahlte Schweizer Chef. 2021 verdiente er rund 15 Millionen Franken.
Foto: Keystone
Dominik Mate

Für immer finanziell ausgesorgt haben, wer will das schon nicht? Wer an der Spitze eines S&P500-Unternehmens steht, hat gute Chancen dieses Ziel in nur einem Jahr zu erreichen.

Die CEO-Gehälter der 500 grössten amerikanischen Unternehmen sind zum sechsten Mal in Folge gestiegen. Laut «Wall Street Journal» liegt der Schnitt fürs Jahr 2021 bei 14,7 Millionen Dollar.

Zuoberst auf dem Siegertreppchen der Spitzenverdiener steht Peter M. Kern. Der Chef des Online-Reisebüros Expedia Group garnierte 296,3 Millionen Dollar – 2900-mal mehr als sein durchschnittlicher Mitarbeiter, der immerhin 102’270 Dollar erhielt.

Mit 246,6 Millionen Dollar auf den zweiten Platz schafft es David M. Zaslav, CEO von Warner Bros Discovery. Tim Cook, der mit Apple die zweitwertvollste Firma der Welt leitet, durfte 2021 98,7 Millionen Dollar für sich beanspruchen.

Bestes Schweizer Jahresgehalt: 15 Millionen

In der Schweiz führte 2021 Severin Schwan die Liste der bestverdienenden Schweizer CEOs an. Jahresgehalt: gut 15 Millionen Franken. Ralph Hamers von der UBS landete mit 11,5 Millionen auf Platz zwei. Das sind zwar immer noch unvorstellbar hohe Summen. Weil die USA aber immer als Vorbild dienen, stellt sich doch die Frage: Drohen amerikanische Spitzengehälter auch in der Schweiz?

Schweizer Unternehmen sind deutlich kleiner. Über 60 Firmen im S&P500 beschäftigen mehr als 100’000 Angestellte, in der Schweiz sind es gerade einmal vier. Der Vergütungsexperte Urs Klingler (64) weist zudem darauf hin, dass die Rollentrennung zwischen Verwaltungsratspräsident und CEO in den USA oft nicht sehr ausgeprägt sei. Der CEO hat darum noch mehr Einfluss – unter anderem auch auf seinen eigenen Lohn. Auch in der Zusammensetzung der Gehälter gibt es länderabhängige Unterschiede. In der Schweiz macht der Fixlohn 20 bis 30 Prozent der Gesamtvergütung aus. In den USA hingegen besteht der Lohn fast ausschliesslich aus variablen Vergütung in Form von Boni, Aktien und Optionen. So werden von den knapp 300 Millionen Dollar, die Peter M. Kern 2021 verdiente, lediglich 850'000 Dollar Cash überwiesen.

Variable Komponente als unternehmerische Motivation

Der variable Teil des Lohns wird in aller Regel erst mit dem Erreichen eines bestimmten Aktienkurses an der Börse ausgezahlt. Das soll den CEO dazu bewegen, wie ein Unternehmer zu handeln. Allerdings ist der Börsenwert von sehr vielen Faktoren abhängig – auf die meisten, beispielsweise auf die aktuelle Konjunktur, hat der CEO keinerlei Einfluss. Katja Rost (46), Professorin am Soziologischen Institut der Universität Zürich, sieht weitere Probleme: Der CEO kann durch das Veröffentlichen vermeintlich positiver Geschäftszahlen den Kurs eines Unternehmens kurzzeitig in die Höhe treiben, um seine variable Vergütungen einzukassieren. Die Aussicht auf ein dickes Aktienpaket könne den Chef auch dazu verleiten, sich nur noch auf die Dinge zu konzentrieren, die gemessen werden. Langfristige Investitionen in neue Technologien haben für ihn/sie keinen Anreiz mehr. Dies ganz im Gegensatz zum Unternehmer.

Schweizer Markt stärker reguliert

In der Schweiz spielen Boni, Aktien und Optionen als Teile des Lohns keine so grosse Rolle wie in den USA. Dies liegt unter anderem daran, dass man hierzulande stärker reguliert und nach der Finanzkrise durch Malus-Regeln die Attraktivität der Boni reduziert hat. Zudem sind gemäss Klingler in den Vereinigten Staaten die Leistungshürden deutlich tiefer angesetzt als in der Schweiz, womit amerikanische CEOs leichter ihre Ziele erreichen.

Der Fachmann glaubt darum nicht, dass Schweizer CEOs in die gleichen Dimensionen vorstossen werden wie die Kollegen aus Übersee. Er erwartet weder ein Sinken noch ein starkes Steigen der Topgehälter. Die Aktionäre an den Generalversammlungen würden solche Exzesse verhindern.

Was ist ein fairer Lohn?

Anderer Meinung ist Katja Rost. Sie geht davon aus, dass der Schweizer Finanzplatz dem amerikanischen immer mehr nacheifert. Durch die Globalisierung wechseln Manager von einem Land ins andere und bringen ihre Erfahrungen sowie Ansprüche mit. Zudem wollen Schweizer Unternehmen auch um die internationalen Top-CEOs mitbieten. Die Manager gewöhnen sich sehr schnell an die hohen Löhne und erst ein exogener Schock, zum Beispiel in Form einer lang anhaltenden Inflation, würde variable Vergütungen uninteressant machen.

Lässt sich überhaupt ein fairer Lohn ermitteln? Urs Klingler hat hierfür eine klare Antwort: «Nein. ‹Fair› und ‹gerechtfertigt› sind subjektive Begriffe. Hingegen lässt sich die ‹marktgerechte› Vergütung bestimmen. Für eine verantwortungsvolle Umsetzung sind Erfahrung, Befähigung und Unabhängigkeit bei Verwaltungsratsbesetzungen von grösster Bedeutung.» Katja Rost lobt insbesondere das Vergütungssystem, das Bund und Kantone implementiert haben: «Leistung und Verantwortung lohnen sich; aber es wird zwischen Minimallohn und Maximallohn nicht übertrieben. Damit berücksichtigen diese Systeme die Subjektivität von Leistungen, weil der Abstand als fair wahrgenommen wird.»

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