In die Gastronomie, dahin will ich nie! Diesem spöttischen Spruch kann Casimir Platzer (60) nichts abgewinnen. Obwohl der Verbandspräsident von Gastrosuisse einiges an seiner Branche zu kritisieren hat, wie er im Interview mit der «NZZ» sagt. Zum Beispiel beim Umgang mit Angestellten. «Bei der Wertschätzung haben gewissen Unternehmen noch Potenzial», so Platzer.
Ein Hotelier oder Wirt müsse seinen Mitarbeitenden zeigen, «dass ihre Leistung sinnvoll ist und geschätzt wird.» Wichtig sei das vor allem bei den Jungen. Hier könne man mit Nebenleistungen und stärkerer Einbindung in die Unternehmensführung punkten.
Von einer schlechten Entlöhnung als Grund für den Fachkräftemangel in der Gastronomie will er nichts wissen: «Die Löhne sind im Vergleich zu anderen Branchen richtig gut.» Ein junger Berufsmann komme neu auf über 4300 Franken pro Monat – mal 13. Pro Monat mache das fast 4700 Franken, rechnet Platzer vor. «Für einen 18-, 19-Jährigen ist das im Vergleich zu anderen Branchen ein sehr guter Lohn.» Wenn von Tieflöhnen in der Gastro-Branche gesprochen werde, seien oft die Gehälter der ungelernten Mitarbeitenden in Hilfsfunktionen gemeint.
Gäste bereit, mehr für Qualität zu bezahlen
Nichtsdestotrotz sucht die Branche laut Platzer «verzweifelt» nach Servicefachleuten, Mitarbeitenden an der Rezeption und qualifizierten Köchen – alles Fachleute. Nach Corona wirtschafte derzeit jeder vierte Betrieb mit zu wenig Personal.
Im Moment steigen aber nicht nur die Löhne, sondern auch die Preise. «In meinem Betrieb haben sich die Kosten für die Energie verfünffacht. Auch die Waren und der Transport sind teurer geworden», sagt Platzer im Interview, der mit seiner Frau ein Hotel in Kandersteg BE führt. Er weiss: «Wer keine überzeugende Leistung anbieten kann, wird nicht überleben.»
Die Bereitschaft der Gäste, etwas mehr zu bezahlen, wenn die Qualität stimmt, sei jedenfalls da. Die Wertschätzung für die Gastronomie als sozialer Treffpunkt werde heute als wichtiger empfunden als vor der Pandemie. (uro)