Der Vegetarier, der Rockmusik liebt
So tickt der neue SNB-Präsident Martin Schlegel

Vom Vize zum Präsident: Martin Schlegel übernimmt die Nachfolge von Thomas Jordan an der Spitze der Schweizerischen Nationalbank. Er gilt als Ziehsohn seines Vorgängers – und hat mit diesem ein paar Gemeinsamkeiten.
Publiziert: 26.06.2024 um 16:58 Uhr
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Aktualisiert: 26.06.2024 um 18:03 Uhr
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Martin Schlegel ist der neue Präsident der Schweizerischen Nationalbank.
Foto: Thomas Meier

Der Rücktritt von Nationalbank-Präsident Thomas Jordan (61) war eine Riesenüberraschung. Dass die Wahl seines Nachfolgers per Anfang Oktober nun auf Martin Schlegel (47) fällt, ist dagegen keine. Der Noch-Vize der SNB galt seit Monaten schon als designierter Nachfolger.

Aus dem bisherigen Direktorium ist Schlegel der Einzige, der die SNB von innen kennt. Antoine Martin (54) ist erst seit Januar im Amt. Er stiess von der US-Notenbank Fed zur SNB und steigt nun zum Vize-Präsidenten auf. Petra Tschudin (48), die über jahrelange Erfahrung bei der Nationalbank verfügt, rückt ins dreiköpfige Nationalbank-Gremium nach.

Die Wahl Schlegels ist ein Votum für Kontinuität. «Das Ziel ist die Preisstabilität. Da gibt es keine Kompromisse», sagt Schlegel nach seiner Ernennung an der Pressekonferenz in Bern. «Die SNB ist für unser Land von grösster Bedeutung. Wir sorgen für stabile Preise. Sie kommen dem ganzen Land zugute», wiederholt Schlegel, was auch schon sein Vorgänger immer wieder betonte.

Vegetarier und Rockmusiker

Fragen zu seiner Person, seinem Führungs- und Kommunikationsstil ignoriert er hartnäckig und weicht auf Allgemeinplätze aus. Da braucht es schon Finanzministerin Karin Keller-Sutter (60), die vor den Medien über ihn verrät: «Wir beide haben zwei Gemeinsamkeiten. Wir mögen Rockmusik und sind Vegetarier.»

Tatsächlich: Bis zum vierzigsten Lebensjahr spielte Schlegel als Bassgitarrist in Party- und Rockbands. Er hat auch mal als freier Grafiker Geld verdient. Das war zu Maturazeiten und später an der Universität Zürich beim Studium der Volkswirtschaftslehre. Seinen Doktortitel machte er dann an der Uni Basel.

Durch Zufall kam Schlegel an ein Praktikum in der Forschung bei der SNB. Der Zufall wollte es auch, dass sein damaliger Chef Thomas Jordan war. Der abtretende SNB-Präsident wurde ihm in den Jahren ein Mentor. Darum gilt der promovierte Ökonom auch als Ziehsohn Jordans. Schlegel baute die Abteilung Devisen auf und leitete sie während Jahren. Eine hoch spannende und herausfordernde Zeit: Ab September 2011 lag es an Schlegel, den neu eingeführten Mindestkurs von 1.20 Franken pro Euro mit Milliarden-Deviseninterventionen zu verteidigen. Dieser hielt etwas mehr als vier Jahre, dann wurde er aufgehoben.

Mehrere Jahre führte Schlegel auch die SNB-Niederlassung in Singapur, 2018 schaffte er den Aufstieg ins erweiterte Direktorium. Seit August 2022 ist er als Vize der zweithöchste Währungshüter der Schweiz.

Privates ist für ihn tabu

Nun also, nach 20 Jahren bei der SNB, der Schritt ganz an die Spitze. Fachlich ist Schlegel unbestritten. Dass er noch ziemlich jung sei und ihm das Format eines Jordans fehle, muss er sich immer wieder anhören. Was er mit seinem Ziehvater bereits gemeinsam hat: Verschwiegenheit, kein Wort zu viel und sorgfältiges Abwägen von Aussagen zur geldpolitischen Lage. Und klar: Privates ist tabu. 

Dabei ist Schlegel mit Nicole Brändle (44), seit April Direktorin des Dachverbands Hotelleriesuisse, verheiratet. Man sieht ihn auch immer wieder in der Stadt Zürich joggen, wo er mit seiner Frau, den beiden Töchtern und dem Sohn im Schulalter lebt.

Der Zürcher dürfte etwas zugänglicher sein als Jordan. Er gilt als eine Person ohne Hang zur Selbstdarstellung oder irgendwelchen Star-Allüren. Einziges Handicap von Schlegel: Er kennt wie sein Vorgänger Jordan beruflich nur die SNB – und er ist keine Frau. Gerade von linker Seite kamen nach dem Rücktritt Jordans Forderungen auf, die Zeit sei reif für eine Nationalbank-Präsidentin.

Aber: Mit Schlegel gehen der Bankrat und der Bundesrat, die über das SNB-Präsidium befinden, keine Experimente ein – und haben einen treuen Staatsdiener an ihrer Seite. Gegenüber Blick sagte Schlegel im letzten Oktober, schon ziemlich präsidial: «Wir arbeiten in einer Institution, die etwas bewegt und extrem wichtig ist für unser Land. Dieser Auftrag ist für uns mehr als eine Floskel, das ist unser Leitmotiv.»

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