Fast 7 Milliarden Franken. So viel kostet es, eine schlagkräftige Konkurrenz zum Telekom-Platzhirsch Swisscom aufzubauen. Diesen Preis ist Liberty Global bereit zu bezahlen. Die Mutter der Kabelnetzbetreiberin UPC bietet 110 Franken pro Sunrise-Aktie in bar. Das sind 32 Prozent mehr, als die Aktie im Durchschnitt der letzten 60 Tage gekostet hat. Heute schiessen die Sunrise-Aktien durch die Decke, sind schon beinahe so viel wert, wie die Käuferin bezahlen möchte.
Noch im letzten Herbst war ein Deal unter umgekehrten Vorzeichen krachend gescheitert. Die damalige Sunrise-Spitze um Verwaltungsratspräsident Peter Kurer (71) und Konzernchef Olaf Swantee (53) wollte UPC für 6,3 Milliarden Franken kaufen. Zu teuer, befand Sunrise-Grossaktionärin Freenet damals und lehnte den Deal ab.
Dieser Deal jetzt hat gute Chancen, den Telekommarkt in der Schweiz nachhaltig zu erschüttern. BLICK erklärt, welche Folgen die Elefantenhochzeit für alle Beteiligten hat.
Warum kommt der Deal nun doch zustande?
Aus Sicht der Branche macht der Deal immer noch Sinn, die sogenannte industrielle Logik stimmt. Doch nun muss Freenet sich nicht am Kauf von UPC beteiligen, sondern kann im Gegenteil Kasse machen: Eingestiegen waren die Deutschen bei einem Kurs von 72,95 Franken. Mit den 11,05 Millionen Aktien hat Freenet somit rechnerisch 409,5 Millionen Franken Gewinn gemacht.
Wie lief der Deal ab?
Offenbar ging alles sehr schnell. Erst Mitte Juli ging die Spitze von Liberty Global auf Sunrise zu. Nur dreieinhalb Wochen später ist der Kauf in trockenen Tüchern, Freenet hat unterschrieben, sämtliche Aktien zu veräussern. Auch wenn der Kaufvertrag noch einige Klauseln zu Strafzahlungen enthält, ist ein erneutes Scheitern sehr unwahrscheinlich.
Ist Widerstand von den Wettbewerbshütern zu erwarten?
Nein. Die Wettbewerbskommission (Weko) hat dem Zusammenschluss bereits im September zugestimmt. Daran wird sich nichts ändern.
Kommt es zu einem Stellenabbau?
Ganz bestimmt, denn vor allem in der Geschäftsleitung und in der Administration gibt es bei jeder Übernahme Doppelspurigkeiten. Die beiden Firmen rechnen mit jährlichen Einsparungen in der Grössenordnung von 275 Millionen Franken. Die Gewerkschaft Syndicom hat angekündigt, den Prozess genau zu beobachten.
Was heisst der Deal für die Firmen- und Markennamen?
Der Name Sunrise wird von der Schweizer Börse verschwinden. Was dagegen mit der Marke passiert, ist offen, aber gerade im Bereich Mobilfunk ist Sunrise gut etabliert. Im Gegensatz dazu hatte UPC/Cablecom immer wieder mal mit einem schlechten Image zu kämpfen. Denkbar ist auch, dass Liberty Global das neue Gebilde später erneut an die Börse bringen wird.
Kann ich jetzt aus dem Vertrag aussteigen und zur Konkurrenz wechseln?
Nein, denn die juristischen Personen, mit denen der Vertrag abgeschlossen wurde, bestehen weiterhin. Sunrise hat bereits jetzt in der Regel jederzeit kündbare Verträge.
Wird mein Abo dank der Synergien nun günstiger?
Denkbar, aber nicht sehr wahrscheinlich. Denn der Kauf von Sunrise kostet eine Stange Geld, die das neue Unternehmen erst wieder reinholen muss. Ein aggressiver Preiskampf ist nicht zwingend zu erwarten.
Der ganze Deal zielt auf die Swisscom ab. Was muss der Platzhirsch nun befürchten?
Einen Preiskampf muss Swisscom nicht fürchten, denn diesen kann der Ex-Monopolist locker kontern. In einer ersten Phase der Fusion ist sogar denkbar, dass einige Kunden zurück zur Swisscom wechseln, da UPC und Sunrise in der Integrationsphase mehr mit sich selbst als mit den Kunden beschäftigt sein werden. Andererseits verliert Swisscom Teile des Geschäfts, das es bisher für die beiden Konkurrenten abgewickelt hat. Zum ersten Mal bekommt Swisscom eine Konkurrenz, die vor allem mit attraktiven Angeboten und Dienstleistungen Kunden abwerben kann.
Sunrise setzt beim Mobilfunk auf den chinesischen Anbieter Huawei – ein Problem für die US-Firma Liberty Global als neue Besitzerin?
Sunrise wird immer wieder für die Netzqualität ausgezeichnet. Der Grund ist die Huawei-Technologie, die dahintersteckt. Trotzdem ist denkbar, dass die neue Besitzerin die Zusammenarbeit mit den Chinesen auslaufen lassen und auf andere Anbieter wie Ericsson oder Nokia setzen wird.
Was heisst der Deal für Salt-Kunden?
Die sind vom Deal nicht direkt betroffen. Allerdings muss sich Salt überlegen, wie es auf die Fusion reagieren will, ob es weiterhin eine aggressive Preisstrategie fahren will. Zudem ist Salt vor allem beim Mobilfunk stark, ein Hausanschluss, wie ihn Swisscom und neu UPC/Sunrise im Angebot haben, fehlt.