Er gilt als einer der heissesten Anwärter auf den Wirtschaftsnobelpreis: Bruno S. Frey (79). Der Basler Ökonom hat sich im Bereich der Glücksforschung einen Namen gemacht. Ein Visionär ist er. Ein kreativer Kopf.
Die jüngste Idee des Wissenschaftlers: Er will Venedig nachbauen. Die italienische Touristen-Hochburg. Ein eins-zu-eins-Nachbau soll es sein. «In meiner Vision müsste Venedig massstabsgetreu nachgebaut werden und nicht als blosse Casino-Kulisse auferstehen», sagt Frey im Gespräch mit dem Schweizer Reiseblog «Der Internaut».
Ein Vorgeschmack sei im chinesischen Macau zu besichtigen. «Dort wurde der Dogenpalast wirklich fantastisch nachgebaut. Mindestens die Fassade», sagt Frey. Der Dogenpalast ist eines der schönsten Bauwerke Venedigs. Ehemaliges Regierungs- und Verwaltungszentrum. Ein Symbol für vergangene Grösse und Macht.
Das «neue Original»
Frey will aber nicht nur die berühmte Gondelstadt nachbauen. In seinem Buch «Venedig ist überall» regt er auch an, die italienischen Orte Verona, Siena, Pisa, Padua, Bergamo und Vicenza nachzubauen. Alles an einem neuen Ort. Alles für die Touristen, die nach der Corona-Pandemie wahrscheinlich wieder in Massen ins Belpaese strömen werden.
Frey ist es ernst damit. Er will damit dem Phänomen des «Overtourism» entgegenwirken. Die Duplikate sollen das «neue Original» sein. Voll ausgestattet mit neuer Technologie und Hologrammen. «Es müsste ein komplett immersives Erlebnis sein, sodass man also beispielsweise in einem Venedig des 16. oder 17. Jahrhunderts herumspazieren oder den Karneval hautnah erleben könnte.»
Aber wollen die Touristen das wirklich? Wollen sie nicht lieber das Original? «Wenn das nachgebaute Venedig dem Original sehr nahe kommt und dabei von der Infrastruktur her mehr bietet – etwa optimale Plätze fürs obligate Selfie, leichte An- und Abreise und gutes Hotel-Angebot – dann kann es, auch durch all seine technologischen Finessen, für viele Touristen attraktiver sein als das sogenannte Original», sagt Frey.
Kopie an der Adria
Vor der Pandemie wurde Venedig an Spitzentagen von bis zu 130'000 Menschen besucht. Auf dem Markusplatz und der berühmten Rialto-Brücke herrschte ein Gedränge wie beim Open-Air auf dem Berner Hausberg Gurten.
«Wenn sich dereinst 65'000 davon das neue Original anschauen, wäre schon einmal viel erreicht», sagt Frey. «Kommt dazu: Einem reinen Selfie-Touristen würde das neue Original vielleicht sogar besser gefallen als das Original. Weil der Nachbau einfacher zu besuchen ist.»
Frey schlägt vor, die Venedig-Kopie unweit des Originals nachzubauen. «Damit möglichst viel vom Original-Ambiente des Landes zu spüren wäre. Idealerweise natürlich am Wasser, irgendwo an der Adria.» (ise)