Traumberuf Influencer. 86 Prozent der jungen Amerikanerinnen träumen laut einer Studie des Marktforschungsinstitut Morning Consult von einem Leben im Social-Media-Rampenlicht. Dank des Aufstieges von Tiktok scheint der Traum so nah wie nie zuvor. Denn Fachleute sind sich einig: Die Video-Plattform ermöglicht es allen Nutzerinnen und Nutzern, quasi über Nacht viral zu gehen. Das war auf Facebook, Instagram und Co. nicht möglich.
Auch in der Schweiz gibt es eine lange Liste von Tiktokern, die mit 5000 bis 250'000 Followern ein kleines bisschen Berühmtheit erlangt haben. Oft sind das Teenager oder junge Erwachsene, die 2020 in der Corona- und Blütezeit von Tiktok auf der Plattform durchgestartet sind. Sie tanzten, schminkten sich und spielten einander sogenannte Pranks – also Streiche. Das Publikum, das zu Hause im Lockdown festsass, liebte es.
Schweizer Tiktoker: oft jung und unerfahren
Heute wollen sie ihre Reichweite auf Tiktok zu Geld machen. Und rennen bei Firmen offene Türen ein, die junge Gesichter für ihre Produkte suchen. So hat unter anderem die amerikanische Backwaren-Kette Dunkin' Donuts mehrere junge Influencer an Bord geholt, die vor ihren Schweizer Filialen tanzen und die neusten Donut-Kreationen testen. Oder die Schweizer Kantonalbanken, die Influencer auf Reisen durchs ganze Land schicken, um die Vorteile der Jugendkarte STUcard zu promoten.
Meist haben Agenturen ihre Finger im Spiel, wenn Unternehmen und Influencer sich finden. Blick hat sich in dieser verschwiegenen Branche umgehört.
Agenturen, die mit Tiktok-Influencern aus der Schweiz zusammenarbeiten, berichteten dabei von «mühsamen Verhandlungen». Anders als bei Instagram oder Youtube seien die Tiktoker oft nicht gut organisiert. «Sie sind jünger und haben weniger Erfahrung, das merkt man», sagt ein Manager einer Agentur in Zürich, der anonym bleiben will.
«Es ist die mangelnde Professionalität, die die Zusammenarbeit manchmal schwierig gestaltet», sagt seine Kollegin. Oft würden die Influencer ihre E-Mail-Konten selber betreuen und auf Anfragen spät oder gar nicht reagieren. Wenn trotzdem eine Vereinbarung mit einer Firma zustande kommt, käme es auch immer mal wieder vor, dass die abgemachten Leistungen – also Form und Umfang des Videos – nicht eingehalten werden. «Es gibt eine Faustregel: Je mehr Follower ein Influencer hat und je erfolgreicher er ist, desto unzuverlässiger ist er oder sie», sagt ein Agenturleiter aus Basel.
«Wir haben es in dieser Branche mit diversen Menschen und Charakteren zu tun. Sowas ist nie einfach – und sehr häufig sind gerade die Tiktoker auch kreative Freigeister, die sowieso etwas anders ticken», sagt Fabian Plüss (40). Er ist Co-Gründer von Kingfluencers, einer der grössten Digital-Influence-Agenturen der Schweiz. Plüss kann die Kritik seiner Kollegen nachvollziehen, sieht aber auch die positiven Seiten. «Genau das zeichnet die Influencer am Ende ja aus», sagt er. «Sie sind anders und schaffen es so, Tausende Follower für sich zu begeistern.»
So viel verdienen Schweizer Influencer
Plüss hat tagtäglich mit Tiktokern zu tun. Einige von ihnen habe Hunderttausende Follower, andere nur einige Tausend. Es sei wichtig, dass man jede Person mit ihren Eigenschaften genau kennenlerne. «Kingfluencers versteht sich als Brückenbauer und Vermittler zwischen den zum Teil verschiedenen Ansprüchen, Interessen und nicht zuletzt verschiedenen Altersgruppen von Auftraggebern und Auftragnehmern», sagt Plüss. Schwierigkeiten gebe es immer wieder, aber nach acht Jahren in dieser Branche kenne seine Agentur ihre Schützlinge aus dem Effeff.
Übrigens: Wie viel Geld es für einen Auftrag gibt, hängt vom Umfang der Kooperation und der Reichweite des Influencers ab. Zwischen tiefen dreistelligen bis zu hohen fünfstelligen Beträgen liegt in der Schweiz alles drin.