Fast die Hälfte der Beschäftigten im Gastrogewerbe wurden schon mal Opfer von Mobbing. Und rund ein Drittel wurden sexuell belästigt. Zu diesem Schluss kommt eine aktuelle Umfrage der Unia.
Auch Chloé*, Julia*, Mary* und Isabel* erging es so. Die vier Frauen erzählen in der Genfer Zeitung «Le Courrier» von ihrem Leidensweg.
«Er redete immer über Sex. Alles drehte sich ständig darum», sagte Chloé* über ihren damaligen Chef. Sie kam aus Spanien und wusste nicht, dass sie durch ihre Arbeit Anspruch auf eine Arbeitserlaubnis hatte. Der Teamleiter nutzte das gnadenlos aus.
Julia erging es ähnlich. Auch sie kam ohne Papiere nach Genf. Anderthalb Jahre lang ackerte sie unangemeldet, sieben Tage die Woche für einen Stundenlohn von zehn Franken. Als sie die Annäherungsversuche ihres Chefs ablehnte, antwortete dieser mit Drohungen, Beleidigungen und Schlägen.
Mary und Isabel kennen solche Situationen ebenfalls. Sie arbeiteten für die selbe Fastfoodkette, heisst es im Bericht. Von einer Gruppe Arbeitskollegen wurde Mary gemobbt. Am Ende wude sie gefeuert. Und Isabel wurde von ihrem Manager sexuell belästigt. Es war ihr erster Job.
Kaum Hilfe
Die Umfrage der Unia zeigt, dass dies keine Einzelfälle sind. An der Umfrage zwischen Februar und April haben zwar nur rund 260 Menschen teilgenommen. «Sie zeigt aber deutlich, wo die grössten wahrgenommenen Probleme der Branche liegen», schreibt Unia auf der Website. Gemäss der Gewerkschaft sei es schwierig, einen Zugang zu den Mitarbeitenden zu bekommen.
Ein weiteres grosses Problem: Kommt es zu einem Missbrauch, haben nicht mal ein Viertel der Betroffenen Hilfe von ihrem Vorgesetzten erhalten. Drei Viertel stiessen auf taube Ohren.
Aber nicht nur der Umgang mit den Mitarbeitenden, sondern auch die Arbeitsbedingungen an sich machen den Beschäftigten in der Gastrobranche zu schaffen.
Nur ein Drittel der Befragten erhalten ihren Arbeitsplan zwei Wochen im Voraus – wie gesetzlich vorgeschrieben. 65 Prozent sagen zudem, dass ihnen Pausen oder sogar freie Tage gestrichen werden, wenn viel Arbeit anfällt.
Nicht alle Arbeitsstunden werden bezahlt
Auch die Löhne sind ein grosses Thema: 40 Prozent sind der Meinung, ihr Lohn ist zu tief. 43 Prozent sind zudem der Meinung, mit ihrer Leistung hätten sie mehr verdient. Fast ein Drittel berichtet zudem, dass nicht alle Arbeitsstunden ausbezahlt werden.
Mit dem Manifest «Wir wollen in Würde leben!» fordert die Unia deshalb bessere Arbeitsbedingungen. Insgesamt elf Forderungen umfasst das Papier, das dem Arbeitgeberverband Gastrosuisse Ende Februar übergeben wurde. Dafür hat die Unia 10'000 Unterschriften gesammelt.
*Name geändert