Auf einen Blick
Am Morgen haben sich viele die Augen gerieben, als die Meldung über den Rücktritt von Romeo Lacher (64), Verwaltungsratspräsident bei der Bank Julius Bär, über den Ticker kam. Konkret verzichtet Lacher auf seine Wiederwahl an der Generalversammlung am 10. April.
Zugleich tritt Lacher auch als Vizepräsident des Bankrats bei der Schweizerischen Nationalbank (SNB) zurück – ebenfalls auf das Datum der GV am 25. April. In einem kurzen Communiqué drückt die SNB ihr «Bedauern» über den Rückzug von Lacher aus. Was auf den ersten Blick überraschend scheint, hat sich schon länger abgezeichnet, zeigen Recherchen.
In den Gängen der Bank Bär war schon seit Wochen klar, dass die Zeit von Lacher an der Spitze des Verwaltungsrates abgelaufen ist. Der Präsident hatte intern seine Rücktrittsabsichten kommuniziert, die Suche nach einer Nachfolgerin oder einem Nachfolger ist längst im Gang. Auch deshalb wird die Bank schon im März mit der Einladung zur GV einen Vorschlag für die Nachfolge präsentieren können.
Überraschte Nationalbank
Eher überrumpelt scheint die SNB, die sich erst noch auf die Suche nach einem Ersatz machen muss. Wie es aus dem Bankrat heisst, wurde kein Druck auf Lacher ausgeübt. Doch die Posten im Bankrat der SNB sind oft an eine Funktion gebunden. Verzichtet jemand auf seine Funktion, dann ist der Rückzug die logische Folge, auch wenn das nirgends so festgeschrieben ist.
Das Problem von Lacher heisst René Benko (47). Der österreichische Immobilienspekulant und Pleitier ist dieser Tage in Österreich verhaftet worden, sitzt seither in Untersuchungshaft. «Lacher war mitverantwortlich für den 600-Millionen-Franken-Abschreiber wegen Benko und das miserable Risikomanagement», erklärt Daniel Bosshard (58), Bankanalyst bei der Luzerner Kantonalbank.
Die Bank hatte dem Österreicher ein sogenanntes Private-Debt-Darlehen gewährt – und musste sich dieses nach der Insolvenz der Signa-Gruppe fast vollständig ans Bein streichen. Dafür musste vor einem Jahr Bär-CEO Philipp Rickenbacher (53) den Hut nehmen. Seither galt Lacher als angeschlagen, und es wurde viel über seinen Rücktritt spekuliert.
Nachfolge aufgegleist
Denn solche Darlehen sind mit grossen Risiken behaftet, da die hinterlegten Sicherheiten im Gegensatz etwa zu an der Börse gehandelten Wertpapieren gerade im Fall einer Insolvenz nur schwer zu Geld zu machen sind. Solche Darlehen gehören eher ins Portfolio einer Investmentbank, denn zu einer auf Vermögensverwaltung spezialisierten Privatbank.
Auch deshalb wurde auf dem Finanzplatz immer mal wieder über die blauäugigen und mit diesem Konstrukt überforderten Bär-Banker getuschelt. Deren oberster Verantwortlicher – der Präsident – zieht endlich die Konsequenzen und tritt zurück.
Immerhin: Lacher hinterlässt eine aufgeräumte Bank, das Geschäft mit den Private-Debt-Darlehen fahren die Bären zurück. «Mit dem Rücktritt von Lacher kann die Bank Bär die Vergangenheit endlich hinter sich lassen. So gesehen ist sein Rücktritt eine gute Sache», so Analyst Bosshard. Die Bank hat mit Stefan Bollinger (50) bereits einen angesehenen Konzernchef gefunden, ein neuer Präsident ist wohl nur eine Frage von Wochen.