Auf einen Blick
- VW plant massives Sparprogramm. Betriebsversammlung könnte turbulent werden
- Arbeitsminister Hubertus Heil als Gastredner bei der Betriebsversammlung erwartet
- Fast 100'000 Mitarbeitende nahmen an flächendeckenden Warnstreiks in Deutschland teil
Volkswagen steckt tief in der Krise. Der deutsche Autogigant hat Ende Oktober ein drastisches Sparprogramm bekanntgegeben. Mindestens drei VW-Fabriken sollen in Deutschland geschlossen, die übrigen Standorte massiv verkleinert werden. Zehntausende der 120'000 Angestellten in Deutschland sollen ihren Job verlieren.
Am Montag kam es zu flächendeckenden Warnstreiks – fast 100'000 Mitarbeitende in Deutschland hatten daran teilgenommen. Am heutigen Mittwoch steht nun die Betriebsversammlung an, die äusserst turbulent werden könnte. Konzernchef Oliver Blume (56) dürfte mit lautstarkem Protest empfangen werden, wenn er am Vormittag vor die Belegschaft tritt.
Auf dem Treffen soll er den Unternehmensbericht halten, wie der Betriebsrat ankündigte. Daneben wird auch der deutsche Bundesarbeitsminister Hubertus Heil (SPD) als Gastredner erwartet.
Videoleinwand ist draussen parat, falls der Platz nicht ausreicht
Von Betriebsratschefin Daniela Cavallo (49), die zu der Versammlung eingeladen hat, werden klare Worte gegen den massiven Sparkurs des Konzerns erwartet. Der Betriebsrat rechnet mit «enormem Interesse» der um ihre Zukunft bangenden Belegschaft. Vorsorglich soll die nicht öffentliche Versammlung per Videoleinwand nach draussen übertragen werden, falls die Plätze in Halle 11 nicht ausreichen.
Erst am Montag hatten Zehntausende vor dem Vorstandshochhaus gegen die harten Sparpläne des Konzerns protestiert, 47'000 Mitarbeitende traten allein in Wolfsburg für zwei Stunden in den Warnstreik. An allen neun betroffene Standorten zusammen waren es laut Gewerkschaft sogar fast 100'000 Personen. Auch auf der Betriebsversammlung Anfang September gab es bereits lautstarke Proteste. Mitarbeitende begrüssten den Vorstand mit Transparenten und Sprechchören. 25'000 Teilnehmende wurden damals gezählt.
Europas grösster Autobauer fordert wegen der schwierigen Lage des Konzerns zehn Prozent Lohnkürzung. Zudem stehen Werksschliessungen und betriebsbedingte Kündigungen im Raum. Die Beschäftigungssicherung wurde aufgekündigt. IG Metall und Betriebsrat fordern ein Zukunftskonzept für alle Standorte – ohne Werkschliessungen und Massenentlassungen.
Annäherung oder Eskalation?
In den seit September laufenden Tarifgesprächen zeichnet sich bisher keine Einigung ab. Ein Gegenkonzept von IG Metall und Betriebsrat für Einsparungen ohne Entlassung und Werksschliessung wies VW als unzureichend zurück. Am kommenden Montag treffen beide Seite zur vierten Verhandlungsrunde zusammen. Cavallo erwartet dann eine Weichenstellung: Entweder komme es zu einer Annäherung, oder zu einer weiteren Eskalation.
Den Auftritt von Arbeitsminister Heil auf der Betriebsversammlung wertete Cavallo als «wichtiges Zeichen der Wertschätzung – gerade jetzt in diesen turbulenten Zeiten». Eingeladen habe sie den Minister bereits vor vielen Monaten, bevor die umfangreichen Sparpläne des Konzerns bekannt wurden. Heil, dessen Wahlkreis direkt an Wolfsburg angrenzt, hatte sich nach Bekanntwerden der Sparpläne für den Erhalt aller VW-Standorte ausgesprochen.
Mit konkreten Aussagen des SPD-Politikers zum gerade laufenden Tarifstreit sei aber nicht zu rechnen, hiess es beim Betriebsrat. Die Politik mische sich hier traditionell nicht ein. Bei VW-Betriebsversammlungen sind regelmässig Politiker zu Gast. Anfang 2023 kam Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD), 2008 dessen Vorgängerin Angela Merkel (CDU), Ende 2021 Niedersachsens Ministerpräsident Stephan Weil (SPD).