In der Türkei bebt die Erde und als Folge davon nun auch die Wirtschaft. Mit dem ISE 100 stürzt der wichtigste türkische Aktienindex am Tag nach den Erdbeben vorübergehend um mehr als acht Prozent ab. Die türkische Lira erlebt ein Auf und Ab. In der Erdbebenregion befinden sich auch zahlreiche Fabriken, die Produkte für den Export herstellen. Darunter vor allem Lebensmittel wie Teigwaren, Textilien wie Teppiche oder der Anbau von Pistazien, die in ihrer Produktion ins Hintertreffen geraten werden. Hat das nun gar wirtschaftliche Auswirkungen bis in die Schweiz?
Blick hat bei der Handelskammer der Türkei und Schweiz nachgefragt. «Auf die Schweiz wird das Beben keine Auswirkungen haben», sagt eine Sprecherin. Für die Schweiz ist die Türkei kein allzu bedeutender Handelspartner. Die Eidgenossenschaft hat es verpasst, ihre wirtschaftliche Präsenz vor Ort in den Boomjahren der Türkei vor zehn Jahren auszubauen. Die Importe aus der Türkei bewegen sich bei zwei Milliarden Franken. Das Exportvolumen von Schweizer Gütern der Pharma- und Chemiebranche, Maschinen oder Edelmetallen liegt etwas höher.
In ein paar Wochen sollte Produktion wieder laufen
Die Produktion aus den betroffenen Regionen geht mehrheitlich in den arabischen Raum, wo das Erdbeben wirtschaftlich stärker spürbar sein dürfte. Die Handelskammer geht aber davon aus, dass sich die Situation in den betroffenen Fabriken innerhalb von ein paar Wochen erholen wird – sofern es zu keinen gravierenden Folgebeben kommt. Für den Westen produzieren vor allem die Wirtschaftsräume Istanbul und Ankara. Diese sind von den Erdbeben verschont geblieben.
Das Beben rüttelt die Weltwirtschaft kaum durch. Auch in der Türkei halten sich die wirtschaftlichen Folgen in Grenzen. Doch der sowieso schon wirtschaftlich schwache Osten des Landes dürfte weiter an Anschluss verlieren.
Abgehängtes Land im Dauertief
Experten gehen von Schäden in Milliardenhöhe aus. Das deutsche Forschungsinstitut Risklayer rechnen in ersten Modellhochrechnungen mit 15 Milliarden Dollar – für die beiden betroffenen Länder Syrien und Türkei.
Auch wenn sich die Schäden für die türkische Wirtschaft in Grenzen halten: Das Land befindet sich wirtschaftlich in einem desolaten Zustand. Die Inflation belief sich im Januar auf 57,7 Prozent. Die türkische Lira zerfiel in den vergangenen drei Jahren völlig in ihrem Wert. Das wirtschaftlich schwache Land litt im letzten Jahr stark unter den steigenden Energiepreisen. Der Reformstau ist riesig. Doch der türkische Präsident Recep Tayyip Erdogan (68) findet im Kampf gegen die Misere keine Lösungen.