Trotz Swisscom-Panne
CEO Schaeppi könnte 2021 noch mehr verdienen

Der Ausfall der Notrufnummern dürfte nur geringen Einfluss auf den Lohn des Swisscom-Chefs haben. Das kommt nicht überall gut an.
Publiziert: 11.07.2021 um 00:23 Uhr
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Aktualisiert: 11.07.2021 um 06:58 Uhr
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Nichts ging mehr in der Nacht auf Freitag: Viele Notfallnummern waren nicht mehr erreichbar.
Foto: keystone-sda.ch
Tobias Marti und Camilla Alabor

Es war der Aufreger der Woche. In der Nacht auf Freitag fielen in weiten Teilen der Schweiz für Stunden die Notrufnummern aus. Ausgerechnet in einer Unwetternacht, in der Bäche über die Ufer traten und Keller vollliefen.

Es war die vielleicht bisher gravierendste aller Swisscom-Pannen, die erste war es nicht. In den vergangenen Jahren fielen immer wieder Swisscom-Netze aus. Allein 2020 geschah dies zweimal. Und der Druck auf Swisscom-Chef Urs Schaeppi (61) steigt. Nun muss er vor Parlamentariern Red und Antwort stehen – ebenfalls nicht zum ersten Mal; voriges Jahr musste er sich bereits Bundesrätin Simonetta Sommaruga erklären. Auch jetzt wird er begründen müssen, warum sich die Zuverlässigkeit der Notrufnummern nicht verbessert hat. Tamedia-Zeitungen fragten bereits, ob Schaeppi noch der richtige Mann sei.

Pannen hin oder her, auf den Lohn des CEO hat die Nacht der Pannen wenig Einfluss, solange die Zahlen stimmen, wie der Swisscom-Geschäftsbericht zeigt. Von 2019 auf 2020 stiegen Schaeppis Bezüge trotz der massiven Ausfälle von 1'759 '000 auf 1'853'000 Franken. Vor allem die variable Vergütung – sein Bonus – nahm im Pannenjahr zu: von 417'000 auf 477'000 Franken. Spielt die Netzsicherheit bei dem staatsnahen Betrieb überhaupt eine Rolle?

Swisscom-Sprecher Sepp Huber teilt auf Anfrage mit, der variable Lohnanteil der Konzernleitung hänge nicht nur vom Erreichen finanzieller Ziele ab. Auch Kundenzufriedenheit, Netzstabilität sowie -verfügbarkeit flössen mit ein. Zudem beziehe man die Wahrnehmung der Swisscom bei Kunden und Öffentlichkeit mit ein.

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«Der Ausfall wird Auswirkungen auf die Vergütung haben.»

Huber erklärt den höheren Bonus «vor allem mit einer besseren finanziellen Leistung im Vergleich zu 2019 und insgesamt einer hohen Kundenzufriedenheit». Auf die aktuellen Pleiten, Pech und Pannen bezogen, antwortet der Swisscom-Sprecher: «Der Ausfall von dieser Woche wird klar eine Auswirkung auf die variable Vergütung haben.»

Namentlich im Hinblick auf Kundenzufriedenheit, Netzstabilität und -verfügbarkeit sowie Wahrnehmung in der Öffentlichkeit werden die Swisscom und deren Kader Einbussen hinnehmen müssen. Aber es sei, so Huber, «erst Mitte Jahr und noch zu früh für eine Aussage zum Gesamtlohn des CEO».

Wie 2020 ist es also sehr gut möglich, dass der Lohn des CEO trotz aller Pannen nicht tiefer ausfällt. Plakativ ausgedrückt: Solange die Kasse stimmt, kann das Netz den Geist aufgeben.

Dennoch macht man sich bei der Swisscom Sorgen, dass es zu einer öffentlichen Lohndiskussion kommt. Darum heisst es dort stets, mit dem Cheflohn liege man «am unteren Ende der grossen börsenkotierten Unternehmen». Die Swisscom vergleicht sich dabei unter anderen mit UBS, Novartis, Nestlé oder Roche.

Nationalrat findet eine Million genug

In Bern sieht man das anders. Der Nationalrat will die Löhne in den Chefetagen bundesnaher Betriebe auf eine Million Franken begrenzen, wie er im Frühling entschied. Dieser Lohndeckel würde für SBB, Post, aber eben auch für die Swisscom gelten. Das Geschäft ist derzeit beim Ständerat hängig – und es ist durchaus möglich, dass der die Vorlage abändern oder ganz ablehnen wird.

Sicher ist derweil: Der Ärger über die erneute Swisscom-Panne ist gross, und zwar parteiübergreifend. Um künftige Ausfälle zu verhindern, schlägt Mitte-Nationalrat Martin Candinas (40) deshalb vor, dass die Netzstabilität und Kundenzufriedenheit stärker in die Berechnung des CEO-Bonus einfliesst. Die beiden Faktoren sollten «ähnlich hoch gewichtet werden wie der Gewinn», meint der Bündner. Hier stehe der Verwaltungsrat in der Pflicht, aber auch Bundesrätin Simonetta Sommaruga (60): «Ihr Departement ist für die Swisscom in erster Linie zuständig.»

Gar nichts von einem solchen Vorgehen hält SVP-Nationalrat Thomas Hurter (57). Der Bonus des CEO sei nicht matchentscheidend: «Relevant ist, dass die Firma so aufgebaut ist, dass die Netzstabilität gewährleistet ist.» Die Swisscom habe einen Schuss vor den Bug erhalten und sei nun gefordert, Lösungen zu finden. «Ein Ansatz wäre, dass der Bund bei den Notfallnummern mit anderen Mobilfunkunternehmen zusammenarbeitet. Das ist ein viel effektiverer Hebel als eine Bonuskürzung.»

Im Departement für Umwelt, Verkehr und Kommunikation (Uvek) will man zu solchen Diskussionen keine Stellung nehmen: «Die Parameter für die CEO-Entschädigung werden vom Verwaltungsrat definiert», heisst es. Dennoch ist die Botschaft eindeutig: «Die neuerliche Panne ist gravierend und die Kritik der Öffentlichkeit berechtigt.» Und: «Die Swisscom ist gefordert, den Abklärungen höchste Priorität einzuräumen.»

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