Mit den Russen machen wir keine Geschäfte mehr! So lautete die Position des Westens nach der Invasion von Wladimir Putins Armee in der Ukraine Ende Februar. Es folgten unzählige Sanktionspakete von den USA und der EU, die die Schweiz weitestgehend übernahm. Das Ziel: die russische Wirtschaft empfindlich zu schwächen.
Doch nun zeigt sich, dass der Handel mit Russland seit Kriegsbeginn in vielen westlichen Ländern sogar zugenommen hat. Auch die Schweiz macht heute mehr Geschäfte als vor der Invasion Russlands, wie der «Tages-Anzeiger» am Mittwoch berichtet. Die Zeitung stützt sich auf Zahlen des Bundesamtes für Zoll und Grenzsicherheit (BAZG). In den Jahren 2017 bis 2021 handelten die Schweiz und Russland monatlich Waren im Wert von 321 Millionen Franken. Seit Kriegsbeginn sind es im Schnitt fast 383 Millionen Franken pro Monat – 19 Prozent mehr.
Die Exporte nach Russland nahmen um 6,5 Prozent zu, die Importe um 54 Prozent.
Pharma für Exportanstieg verantwortlich
Bei den Exporten ist die Zunahme auf die Pharmabranche zurückzuführen. Die Schweizer Unternehmen liefern derzeit vor allem Medikamente und Erzeugnisse zur Abwehr von Immunkrankheiten nach Russland. Das ist legal, denn diese Güter sind aus humanitären Gründen nicht sanktioniert.
Und der Bedarf nach ausländischen Pharma-Produkten in Russland ist gross – und konnte gerade während der Corona-Pandemie nicht gewährleistet werden. Lieferketten-Probleme haben den Import regelrecht einbrechen lassen. Nun besteht Nachholbedarf. In den letzten Monaten sind die Medikamenten-Importe denn auch deutlich nach oben geschnellt.
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Importanstieg wegen Goldlieferungen
Dass die Schweiz derzeit so viel aus Russland importiert, ist auf den ersten Blick überraschend. Das Plus beim Importvolumen ist fast ausschliesslich auf die Einfuhr von Gold zurückzuführen. Doch das Edelmetall steht eigentlich auf der Sanktionsliste – die Schweiz hat den Import russischen Goldes Anfang August verboten.
Die letzte grosse Lieferung aus Russland datiert vom November: Für 344 Millionen Franken kamen 6,4 Tonnen in die Schweiz. Wer diese gigantischen Mengen kauft, ist unklar. Weder das BAZG noch die russische Botschaft wollten sich auf Anfrage des «Tages-Anzeigers» dazu äussern. Doch BAZG-Sprecher Simon Erny stellt gegenüber der Zeitung klar, die Goldimporte würden die «geltenden Auflagen» erfüllen.
Dass Putins Gold den Weg weiterhin in die Schweiz findet, liegt daran, dass das Importverbot Löcher aufweist: Es gilt nur für Gold, das nach dem 4. August aus Russland ausgeführt wurde. Wenn das Gold zwar aus Russland stammt, aber davor zum Beispiel in einem Tresor in London lag, kann es weiterhin problemlos in die Schweiz gebracht werden. (nim)