Schweizerinnen und Schweizer sind ein fleissiges Volk. So die landläufige Meinung. Rechnet man aber genau nach, zeigt sich ein anderes Bild. Schweizer arbeiten nur 31 Stunden pro Woche, wie die «SonntagsZeitung» berichtet. Und das ausgerechnet jetzt, wo die Wirtschaft händeringend nach Fachkräften sucht! Der Hauptgrund: Teilzeitarbeit liegt voll im Trend.
Die Zahlen sind eindrücklich: Fast jeder und jede Fünfte arbeitet im Durchschnitt nicht mehr 100 Prozent. Das sind doppelt so viele Angestellte wie noch 1991. Nur jede zweite Frau arbeitet Vollzeit. Bei den Männern steigt der Anteil von Teilzeitlern Jahr für Jahr. Sie legen vermehrt Wert auf eine gute Work-Life-Balance. Oder wollen das Aufwachsen ihrer Kinder nicht verpassen.
Fachkräftemangel wird noch grösser
«Wir sind also unter die französische 35-Stunden-Woche gefallen, die wir so oft belächeln», sagt Stefan Wolter, Professor für Bildungsökonomie an der Universität Bern zur «SonntagsZeitung». Vor allem Arbeitnehmer mit guter Bildung würden ihre Arbeitszeit reduzieren. «Eine Kassiererin kann sich dies schlicht nicht leisten», sagt er. Für Wolter ist dies eine gefährliche Entwicklung.
Denn: Wer weniger arbeitet, der zahlt weniger Steuern. Das Bildungswesen kommt finanziell an seine Grenzen. Der AHV fehlt Geld. Zudem verstärkt sich der Fachkräftemangel. Berechnungen zeigen: Ein Mediziner, der bis zur Pension voll arbeitet, zahlt 500’000 Franken in die AHV ein.
Die Forderung von Wolter hat Sprengpotenzial: «Wer über das gesamte Erwerbsleben weniger als 70 Prozent gearbeitet hat, soll die Studienkosten zurückzahlen.» (pbe)