Traum-Saisonstart für Bergbahnen – doch die Ansprüche der Gäste wachsen
«Heute kann man sich das nicht mehr erlauben»

Nach dem Supersommer haben die Schweizer Bergbahnen einen Traumstart in die Wintersaison erlebt. Dank dem strahlenden Wetter und dem vielen Schnee wurden die Skigebiete überrannt. Es fuhren so viele Leute auf den Pisten wie selten.
Publiziert: 15.12.2023 um 11:15 Uhr
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Aktualisiert: 15.12.2023 um 11:31 Uhr
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Nach dem Supersommer haben die Schweizer Bergbahnen einen Traumstart in die Wintersaison erlebt.
Foto: GEORGIOS KEFALAS

«Der Start war sehr gut», sagte der Direktor des Verbands Schweizer Seilbahnen, Berno Stoffel, im Gespräch mit der Nachrichtenagentur AWP. Der jüngste Schneefall bis ins Flachland habe stark geholfen. Denn dadurch hätten auch die Städter Lust aufs Skifahren bekommen.

Exemplarisch zeigt sich das am Skigebiet Andermatt-Sedrun: Zur Saisoneröffnung vor einer Woche hatten sich - angelockt vom prächtigen Winterwetter - doppelt so viele Leute auf den Pisten getummelt wie sonst an einem Spitzentag, sagte der Marketingverantwortliche Pascal Schär.

Hohe Nachfrage seit Mitte Oktober

In der Schweizer Wintertourismusbranche herrsche Optimismus durchs Band, sagte Seilbahnenverband-Direktor Stoffel: Die Buchungen und Vorverkäufe seien gut. «Ab Mitte Oktober hatten wir einen starken Nachfrageschub.» Damals habe das Wetter umgeschlagen, ab dann habe die Nachfrage angezogen.

Die Marketingorganisation Schweiz Tourismus rechnet laut einer Trendumfrage in der Branche auch mit starken Feiertagen. Die Anbieter von Unterkünften in den Bergen gehen für Weihnachten und Neujahr von einem Wachstum von 3,5 Prozent gegenüber dem Vorjahr aus.

«Auffallend ist dabei, dass der Buchungsstand für die Feiertage in den Bergen momentan 'nur' 1 Prozent über dem Vorjahr liegt. Dies zeigt, dass – obwohl bereits sehr gut gebucht – viele Beherbergungsbetriebe in den Bergen auch noch auf kurzfristige Buchungen für die Feiertage zählen», so Schweiz Tourismus.

Winterwunderland statt grüne Weihnachten

Die Schnee- und Wetterverhältnisse im letzten Jahr an Weihnachten waren nicht optimal. Daher erhoffen wir uns in diesem Jahr ein Plus», sagt etwa Josianne Karlen von der Walliser Tourismusorganisation Heidadorf Visperterminen.

Nachdem im letzten Winter Schneemangel herrschte und die weissen Pistenbänder auf den ringsum grünen Berghängen Schlagzeilen machten, sieht es diesen Winter komplett anders aus: Bereits zum Saisonstart herrschte bei strahlendem Sonnenschein Winterwunderlandstimmung.

Obwohl viel Schnee gefallen ist, geht es aber auch in diesem Winter nicht ohne Kunstschnee. Man brauche trotz Naturschnee unbedingt eine technische Schneeunterlage, sagte Daniel Meyer, der Beschneiungschef bei der Andermatt-Sedrun Sport AG. Denn die Pisten müssten bis in den April halten.

Kunstschnee dennoch ein Muss

«Eine unbeschneite Piste aus reinem Naturschnee hält auch im Winter nicht. Denn die ist von Grund auf weicher», sagte Meyer. Der Gast habe jedoch andere Ansprüche als vor 10 Jahren. Die Gäste möchten auch am Mittag möglichst keine Buckel haben, wie es sie bei einer Naturschneepiste aber gebe, sagte Meyer.

Die heutigen Carvingskier bräuchten zudem eine andere Unterlage als puren Naturschnee, sagte Seilbahnen-Verbandsdirektor Stoffel. «Es sind viel mehr Kräfte am Werk: Kurvendruck und Fliehkräfte sind viel höher und müssen aufgefangen werden.» Das brauche eine entsprechende Schneekonsistenz.

Naturschnee schliesse viel mehr Luft ein, erklärte Meyer. Ein halber Meter Naturschnee ergebe auf der Piste circa 10 Zentimeter Belag. Weniger kompakter Schnee würde von den Skifahrern innert kurzer Zeit vom Hang abgetragen und Richtung Tal geschoben.

«Ein viel befahrener Hang ist am Abend kaputt. Der Schnee ist unten und muss wieder hochgeschoben werden», sagte Meyer. Der technische Schnee sei auch resistenter gegen höhere Temperaturen oder Regen. Der Naturschnee sei bei einem Regeneinbruch schnell weg.

Höhere Ansprüche als vor einem Jahrzehnt

Die Schneesicherheit und die Pistenqualität stünden auf der Kriterienliste der Gäste ganz weit oben, sagte Bergbahnen-Verbandsdirektor Stoffel: «Die Leute wollen eine toppräparierte Piste vom ersten bis zum letzten Tag.»

Vor 15 oder 20 Jahren habe es am ersten Tag noch ab und zu Steine auf der Piste gehabt und am letzten Tag sei die Piste nicht mehr so gut in Form gewesen. «Damals hat man das akzeptiert. Das will der Gast heute nicht mehr», sagte Stoffel. Früher habe man schwarze Pisten nur alle zwei bis drei Tage wiederhergerichtet, sagte Meyer. «Heute kann man sich das nicht mehr erlauben.»

Schneekanonen seien die Versicherung für Skigebiete, sagte Patrizio Laudonia, der Schweiz-Chef des weltgrössten Beschneiungsanlagen-Herstellers Technoalpin aus dem Südtirol. Mit technischem Schnee könnten die Pisten ab dem Spätherbst präpariert werden, um auf den Saisonstart und fürs wichtige Weihnachtsgeschäft parat zu sein. Denn «man weiss nie, wie viel Naturschnee kommt», sagte Laudonia.

Täglich 250'000 Franken Kosten

Wenn das wichtige Weihnachtsgeschäft wegen Schneemangels ins Wasser falle, sei die Saison schon gelaufen, sagte Martin Hofer, der Verkaufsleiter von Technoalpin Schweiz. Denn dann mache die Branche über ein Viertel des Umsatzes.

Zudem kann laut dem Seilbahnenverband mit technischer Beschneiung die Saison verlängert werden. Von den 22'500 Hektaren Piste in der Schweiz ist etwas mehr als die Hälfte beschneibar.

Die technische Beschneiung ist allerdings nicht billig. In einem grossen Skigebiet, bei dem die Bergbahnen jährlich 25 Millionen Franken Einnahmen erzielen, kostet ein durchschnittlicher Betriebstag 250'000 Franken.

Davon entfallen laut Angaben des Seilbahnenverbands 43'000 Franken auf die Beschneiung, die damit etwa gleich teuer ist wie die Pistenpräparierung. Diese sind damit die zweit- und drittteuersten Einzelposten nach dem Betrieb der Anlagen (120'000 Franken). (sak/SDA)

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