Er ist bekannt dafür, kein Blatt vor den Mund zu nehmen: der deutsche Topökonom Hans-Werner Sinn (75). Nun rechnet er in der «Bild» mit der Energiepolitik der deutschen Bundesregierung ab, kritisiert vor allem auch gut gemeinte Alleingänge. Der CO₂-Ausstoss bei Öl, Kohle und Co. könne nur reduziert werden, wenn «alle oder fast alle mitmachen, denn was wir nicht verbrauchen, verbrauchen sonst andere», erklärt der renommierte Wirtschaftsprofessor. «Wenn Deutschland kein Öl mehr kauft, fällt der Weltmarktpreis – und andere kaufen es.»
Zum Beispiel China. Ein Verbot von Verbrennungsmotoren sei daher sinnlos, folgert Sinn: «Das ruiniert die deutsche Automobilindustrie, senkt unseren Lebensstandard und subventioniert andere Länder, vor allem China.» Dort werde nicht nur immer mehr Kohle verbrannt, sondern auch der Ölverbrauch steige.
Mehr Kohlenstoff-Ausstoss anderswo
Da nützt es wenig, wenn Deutschland und die EU dem Benziner jetzt den Garaus machen – im Gegenteil: «E-Autos sind keine Lösung! Der schmutzige Auspuff liegt nur etwas weiter entfernt im Kohlekraftwerk. Da der grüne Flatterstrom es vorläufig nicht schafft und die Atomkraftwerke abgestellt sind, bedeuten mehr E-Autos mehr Braunkohleförderung und befördern Kohlenstoff in die Luft, der eigentlich versiegelt werden sollte.»
Die Folge: «Das Verbrennerverbot führt wegen der Umlenkung der Tanker in andere Länder nicht dazu, dass weniger Kohlenstoff emittiert wird. Per saldo beschleunigt sich also der Klimawandel wegen des Verbrennerverbots.»
Stromverbrauch wird steigen
Auch die Hoffnung auf erneuerbare Energien dämpft Hans-Werner Sinn nachhaltig: «Wind- und Sonnenstrom werden uns nicht alleine versorgen. Die Quellen sind nicht regelbar und das Wetter ist unstetig. In Dunkelflauten müssen regelbare Kraftwerke in der Lage sein, den gesamten Verbrauch Deutschlands zu decken. Wenn wir auf noch mehr Strom setzen im Gebäude- und Verkehrssektor, dann wird das Problem gravierender.»
Und er kritisiert den deutschen Atomausstieg. «Wir können die Energiewende leider nicht ohne fossile Energieträger bestreiten, weil wir auf die Kernkraft verzichten», so das ernüchternde Fazit des streitbaren Ökonomen.