Es ist wie beim Pokerspiel: Bluffen, drohen, tricksen. Gefeilscht wird um die Schweizer Globus Gruppe, diese Luxuswarenhauskette mit acht Standorten von Genf bis St. Gallen und 1700 Mitarbeitenden. Am Zockertisch sitzen Tos Chirathivat, der Chef des Warenhausgiganten Central Group aus Thailand, dazu Banker von der CS und ein halbes Dutzend Kantonalbanker. Gefeilscht wird um hunderte von Millionen Franken, und das seit Wochen.
Die Akteure stehen unter Druck, denn es gibt einen Zeitpunkt. Am 14. April will das Bezirksgericht Zürich eine Lösung für die Aktienanteile von Mitbesitzer René Benko. «Es wird über alles gedealt, über Mieten, Hypotheken, über Aktien und Abschreiber», sagt ein Beteiligter.
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Nach der Benko-Pleite
Keiner lässt sich in die Karten blicken, auch Tos Chirathivat nicht. Sein Kalkül: Je länger die Verhandlungen dauern und je näher der 14. April rückt, desto besser für ihn. Seine Central Group hält bereits 50 Prozent am Warenhausgeschäft und an den Immobilien, die anderen 50 Prozent gehören René Benko, dem Immobilienspekulanten aus Österreich. Er wollte seine Anteile an Globus möglichst teuer verkaufen, um so seine Kasse im Lot zu halten. Nun aber, mit der Privatinsolvenz, ist Benko ausgebremst, ergo dürfte es für Chirathivat jetzt einfacher werden, sich zum alleinigen Chef von Globus aufzuschwingen. Endlich ist er Benko los, diesen Immobilienhai, dem er viel zu lange vertraute.
Der Thailänder hält ein Ass in der Hand: Er hat ein Vorkaufsrecht auf Benkos 50-Prozent-Anteil an Globus. Zudem kann er sich ausrechnen: Keine Pensionskasse oder kein Immobilienfonds will für den Erwerb der Benko-Pakete Hunderte Millionen aufwerfen, um damit nicht einmal die Mehrheit und damit das Sagen in der Globus Gruppe zu haben. Die Wahrscheinlichkeit ist also gross, sagen Beobachter, dass Central Group bald auch die 50 Prozent von Benko übernimmt – und zwar zum Ausverkaufspreis.
Zu hohe Finanzbelastung
Die Thailänder müssen aus Eigeninteresse zuschlagen, denn sie sind Gefangene. In der Vergangenheit haben sie Hunderte Millionen in den Kauf und die Weiterentwicklung von Globus investiert. Ein Konkurs der Gruppe würde ihnen nicht nur einen massiven Abschreiber in den Büchern bescheren, nein, er würde auch den geplanten Aufbau einer europäischen Luxuswarenhausgruppe zerstören. Central Group gehören bereits die britische Selfridges und die italienische La Rinascente; mit Globus können sie den Wareneinkauf bündeln und von tieferen Einkaufspreisen profitieren.
Doch bis es so weit ist, hat Central-Chef Chirathivat, Sprössling einer angesehenen Milliardärsfamilie aus Bangkok, eine letzte Front zu begradigen, nämlich jene der Fremdfinanzierung. Zehn Schweizer Banken haben mit einem Konsortialkredit den Kauf von Globus im Jahr 2020 erst möglich gemacht. Diese Bankengruppe, heisst es, wird von der Credit Suisse angeführt, beteiligt seien auch die Migros Bank, die Aargauer Kantonalbank, die Obwaldner Kantonalbank, die Graubündner Kantonalbank plus weitere Kantonalbanken.
Miete um 10 Mio Fr angestiegen
Der Handlungsbedarf zeigt sich bei der grössten Filiale, jener an der Bahnhofstrasse in Zürich. Die Hypotheken, welche die Banken auf das Globus-Flaggschiff gewährten, belaufen sich auf 545,3 Millionen. Diese Immobilie an exklusiver Innenstadtlage gilt als werthaltig, die Kredite als solide besichert. Chirathivat drängt in den Verhandlungen auf einen Abschreiber bei den Banken. Sein Argument für den Haircut, den er den Gläubigern seit Wochen einbläut, lautet: Um die Warenhauskette Globus rentabel zu betreiben, muss die Belastung durch die Fremdfinanzierung markant nach unten korrigiert werden.
Eine Studie von PWC konstatierte bereits im Jahr 2020, dass der Mietpreis je Quadratmeter der Liegenschaft «ausserhalb der plausiblen Bandbreite» liege. Ab 2020 ist die Miete nicht gesunken, sondern von 14 auf 24 Millionen angestiegen. Das wäre bei einem Umsatz von 140 Millionen ein Mietanteil von 17 Prozent. Im Detailhandel aber gilt die Daumenregel, dass dieser Teil maximal 10 Prozent des Umsatzes betragen darf. Deshalb überrascht es nicht, dass die Globus Gruppe tiefrote Zahlen schreibt; die Rede ist von 40 bis 50 Millionen jährlich.
Verunsichertes Personal
Das muss sich ändern, ist Tos Chirathivat überzeugt. Seine Leute haben den Schweizer Banken in Verhandlungen klargemacht, dass bei der aktuellen Hypothekarbelastung die Gruppe nicht rentabel zu führen sei, sagt ein Involvierter. Belastend ist auch, dass Filialen wie Basel oder Zürich-Bellevue wegen Umbauten über Jahre geschlossen sind; zudem wachsen die Umsätze aktuell nur verhalten, entsprechend quellen die Warenlager über. Die schrillen Schlagzeilen rund um René Benko, die den Globus seit Monaten begleiten, befeuern auch nicht die Kauflust der Highend-Kundschaft.
Um die Verluste zu reduzieren, ist die Globus-Führung daran, den üppigen Overhead abzubauen. Dreissig Stellen und vielleicht auch mehr werden gestrichen, zudem sehen sich viele der Angestellten nach einem ruhigeren Arbeitsplatz um. Je länger sich das Poker-Game noch hinzieht.